Welcher Teil des Körpers ist verantwortlich für den circadianen Rhythmus? Wenn Sie „das Gehirn“ antworten, haben Sie recht – aber nur teilweise. Unser Gehirn, um genauer zu sein der suprachiasmatische Nucleus (SCN) des Hypothalamus, spielt tatsächlich eine wesentliche Rolle beim Stellen unserer inneren Uhr. Eine neue Studie zum Thema, wie Muskelproteine dabei helfen, den Schlaf zu steuern, zeigt jedoch, dass Muskelzellen ein wichtiger Schlafrhythmusregulator sind.
Schlafstörungen: Eine sich ausbreitende Volkskrankheit
Menschen in der westlichen Welt haben besseren Zugang zu dem Luxusgut „guter Schlaf“ als jede andere Gesellschaft in der Menschheitsgeschichte. Wir können schlafen, ohne Angst haben zu müssen, dass uns wilde Tiere oder umherstreifende Räuber angreifen. Außerdem haben die meisten von uns Zugang zu qualitativ hochwertigen Matratzen, kuscheligem Bettzeug und anderen Utensilien, die uns eine erholsame Nachtruhe bescheren.
Trotz diesem Luxus, wächst die Anzahl der Menschen im Westen, die an Schlafstörungen leiden, alarmierend schnell. Es gibt zahlreiche anerkannte circadiane Rhythmusstörungen, die häufig vorkommen, darunter fallen:
- Jetlag, ein Phänomen, das auftritt, wenn die Zeitzone gewechselt wird oder schnell ein Zeitplan umgestellt wird. Es kann einige Tage oder sogar Wochen dauern, bis sich der circadiane Rhythmus angepasst hat. Dies kann Müdigkeit und eine Vielzahl anderer Gesundheitsprobleme nach sich ziehen.
- Das Schichtarbeiter-Syndrom, ein Krankheitsbild, das bei Menschen auftritt, die nachts oder zu irgendwelchen anderen ungewöhnlichen Zeiten arbeiten. Betroffene leiden unter Schlaflosigkeit und/oder Schläfrigkeit, da sie zu normalen Zeiten nicht schlafen können.
- Narkolepsie, auch bekannt als Schlafkrankheit, bei der die Betroffenen tagsüber sehr schläfrig sein und vielleicht sogar ohne Vorwarnung einschlafen.
- Das Schlafphasensyndrom, bei dem Menschen viel später zu Bett gehen und aufstehen als andere. Sie werden häufig auch als Nachteulen bezeichnet und können meist nicht vor den frühen Morgenstunden einschlafen.
- Das vorverlagerte Schlafphasensyndrom, bei dem die Betroffenen auf ihre innere Uhr hören, sehr früh schlafen gehen und noch vor dem Morgengrauen wieder aufwachen. Diesen Schlafrhythmus sieht man oft bei älteren Menschen.
Was haben diese Schlafstörungen gemeinsam? Bei allen verhindern genau jene Mechanismen, die uns dabei helfen sollen, erholsam zu schlafen, ebendies. Die inneren Uhren der Betroffenen passen weder zur Außenwelt, noch zu den eigenen Anforderungen. Die Folgen beeinflussen das tägliche Leben, wie etwa kognitive Funktionen und Energie. Zusätzlich können die Schlafstörungen die Gesundheit auf lange Sicht beeinflussen und sogar das Krankheitsrisiko erhöhen. Zurzeit gibt es noch sehr wenige Behandlungsmöglichkeiten für circadiane Rhythmusstörungen und Millionen von Menschen müssen weiterhin mit den Auswirkungen kämpfen.
Circadianer Rhythmus und Schlaf
Ist Ihnen je aufgefallen, dass Sie zu bestimmten Tageszeiten am müdesten sind? Schuld an diesem Phänomen ist Ihre innere Uhr, die die Ausschüttung von Hormonen steuert, die für Schlaf und Wachsein zuständig sind. Auch wenn die Zellen ihren eigenen circadianen Rhythmus haben, lenkt doch hauptsächlich das Gehirn die innere Uhr. Die Netzhaut in den Augen nimmt Licht wahr und leitet diese Information weiter an den suprachiasmatischen Nucleus des Hypothalamus, der wiederum die Ausschüttung von Melatonin, Cortisol und anderen biochemischen Stoffen steuert, die sich schließlich auf unsere Kraft im Alltag und unsere Aufmerksamkeit auswirken.
Trotzdem ist unser circadianer Rhythmus nicht in Stein gemeißelt. Unsere innere Uhr passt sich an viele Veränderungen an, einschließlich eines neuen Arbeitsplans, Zeitzonen-Wechsel, Schlafunterbrechungen sowie Sommer- und Winterzeit und sogar die Temperatur. Wie genau können wir uns so leicht auf konstante äußere Anforderungen einstellen? Ein Protein in unseren Muskeln könnte die Antwort darauf sein.
Nicht alles Kopfsache: Wie Muskelproteine bei der Schlafsteuerung helfen
Forscher waren überrascht darüber, dass sie bei der Betrachtung der chemischen Zusammensetzung der Skelettmuskulatur feststellten, dass ein sehr wichtiges circadianes Protein in großen Mengen vorkommt. BMAL1 ist als Regulator des circadianen Rhythmus bekannt. Aber was hat es in Muskelzellen zu suchen?
Die Forscher entfernten das Gen für BMAL1 von den Muskel- und Gehirnzellen der Labormäuse. Die Funktionsweise der Muskeln der Mäuse änderte sich nicht. Aber ihre Schlafgewohnheiten änderten sich immens. Sie benötigten plötzlich viel mehr Schlaf als andere Nagetiere. Außerdem erholten sich die Nagetiere nicht so gut von Schlafunterbrechungen. Als BMAL1 wieder in die Muskelzellen eingefügt wurde, konnten sich die Mäuse wieder vom Schlafmangel regenerieren und benötigten weniger Schlaf.
Zukünftige Behandlungsmöglichkeiten für circadiane Störungen
Zahlreiche circadiane Störungen scheinen mit der Unfähigkeit in Verbindung zu stehen, sich an äußere Reize zu gewöhnen und sich von ihnen zu erholen. Die Einnahme natürlicher Ergänzungsmitteln, die den BMAL1-Spiegel erhöhen, könnte Schlafprobleme reduzieren oder dabei helfen, mit den Auswirkungen der Störung umzugehen. Des Weiteren wissen die Forscher nicht, ob eine Erhöhung des BMAL1-Spiegels beim Menschen das Schlafbedürfnis senken kann, wie zum Beispiel bei Piloten oder Ärzten, die manchmal auch mit wenig Schlaf funktionieren müssen. Auch wenn wir noch nicht viel über das Potential von BMAL1 wissen, öffnet diese Studie neue Türen für die Erforschung des Potentials für zukünftige Behandlungsmöglichkeiten.
Viele Menschen haben heute damit zu kämpfen, jenen Schlaf zu bekommen, den sie benötigen, um ein langes, gesundes Leben zu führen. Das genauere Verständnis von BMAL1 und seine Rolle im circadianen Rhythmus könnte Ärzten letztendlich dabei helfen, die Schlafstörungen von Millionen von Menschen effektiv zu behandeln.