Die Wissenschaft der Chronobiologie erhielt am Montag eine der höchsten Auszeichnungen, als der Nobelpreis für Physiologie oder Medizin drei Amerikanern für ihre Entdeckung darüber, wie innere Uhren und Biorhythmen das menschliche Leben bestimmen, verliehen wurde.
Jeffrey C. Hall, Michael Rosbash und Michael W. Young erhalten den Preis “für ihre Entdeckungen von molekularen Mechanismen, die die circadianen Rhythmen kontrollieren”, so die Nobelstiftung. Die Arbeit des Trios erklärt, wie Pflanzen, Tiere und Menschen ihre biologischen Rhythmen in Synchronizität mit der Erdumdrehung anpassen.
Gene der inneren Uhr identifiziert
So heißt es im Überblick des Nobel-Komitees im Karolinska Institutet zu den Entdeckungen:
“Mithilfe von Fruchtfliegen als Modellorganismen haben die diesjährigen Nobelpreisträger ein Gen isoliert, das den normalen täglichen biologischen Rhythmus steuert. Sie haben dargelegt, wie dieses Gen ein Protein verschlüsselt, das sich während der Nacht in der Zelle ansammelt und tagsüber abgebaut wird. Anschließend haben sie zusätzliche Proteinkomponenten dieses Mechanismus identifiziert und damit den Mechanismus freigelegt, der das sich selbst erhaltende Uhrwerk innerhalb der Zelle steuert. Wir wissen nun, dass die Funktion der biologischen Uhr nach denselben Prinzipien in den Zellen anderer vielzelliger Lebewesen, einschließlich Menschen, funktionieren.
Unsere innere Uhr passt unsere Physiologie mit genauester Präzision an die drastisch unterschiedlichen Tagesphasen an. Die Uhr reguliert wichtige Funktionen wie Verhalten, Hormonspiegel, Schlaf, Körpertemperatur und Stoffwechsel.
Ursprünge im 18. Jahrhundert
Als der Astronom Jacques d’Ortous de Mairan im 18. Jahrhundert Mimosa-Pflanzen erforschte, entdeckte er, dass sich die Blätter der Pflanze durch das Sonnenlicht während des Tages zur Sonne öffneten, wohingegen sie sich in der Dämmerung schlossen, was bedeutete, dass diese Pflanzen über eine eigene biologische Uhr verfügen. Dies führte zu der Erkenntnis, dass auch Menschen und Tiere biologische Uhren und Fluktuationen in ihrer täglichen Physiologie haben. Diese täglichen Anpassungen werden durch den circadianen Rhythmen synchronisiert.
Innere Uhr dirigiert eine Vielzahl von Körperfunktionen
Die diesjährigen Nobelpreisträger untersuchten, wie diese innere Uhr funktioniert. Hall und Rosbash hatten 1984 das “period”-Gen isoliert und dann entdeckt, dass sich PER (das von period verschlüsselte Protein) während der Nacht ansammelt und tagsüber abgebaut wird, was beweist, dass die PER-Proteinwerte in einem 24-Stunden-Zyklus synchron mit dem circadianen Rhythmus schwanken. Young entdeckte das zweite Uhr-Gen names “timeless”, welches das TIM-Protein verschlüsselt, das für einen normalen circadianen Rhythmus benötigt wird. Young zeigte, dass bei einer Verbindung zwischen TIM und PER die Proteine den Zellkern erreichten und dort das “period”-Gen blockierten. Diese Rückkopplungsschleife erklärte, wie die zelluläre Proteinoszillation funktioniert. Dann identifizierte Young das “doubletime”-Gen (DBT), das die Ansammlung des PER-Proteins verzögert.
Anhand dieser Entdeckungen haben die Forscher herausgefunden, dass alle vielzelligen Organismen, einschließlich dem Menschen, ähnliche Mechanismen verwenden, um ihre circadianen Rhythmen zu kontrollieren. Während der unterschiedlichen Tagesphasen wird der Körper auf verschiedene Prozesse vorbereitet. So wird Cortisol zum Beispiel um 6 Uhr morgens abgegeben, sodass man gegen 9 Uhr morgens am aufmerksamsten ist und die beste Koordination um die Mittagszeit hat, während sich die schnellste Reaktionsfähigkeit gegen 15 Uhr zeigt. Die höchste Körpertemperatur wird gegen 18 Uhr gemessen und der Blutdruck erreicht am Abend Spitzenwerte. Darauf folgt die Ausschüttung von Melatonin gegen 22 Uhr. Der tiefste Schlafzyklus findet nach Mitternacht statt und gegen 3 Uhr morgens sinkt die Körpertemperatur auf ihren niedrigsten Wert. Danach beginnt der Zyklus von vorne.