Einige Forschungen zum Thema Melatonin und Chronobiologie wurden in den letzten paar Jahren veröffentlicht. Wir wissen nun, dass Melatonin nicht nur für den Schlaf wichtig ist, sondern auch für viele andere Funktionen. Laut aktueller Forschung zu Melatonin als Antioxidans könnte dieses circadiane Hormon noch eine weitere wichtige Rolle innehaben: es hält unsere Zellen – und besonders die Mitochondrien – gesund und unbeschadet.
Antioxidantien und Gesundheit
Die meisten Menschen haben den Begriff Antioxidans schon einmal gehört, aber wissen nicht wirklich, was er bedeutet. Unser Körper verbraucht Sauerstoff, um Energie zu erzeugen, weshalb Atmen wichtig ist, damit die Zellen am Leben erhalten werden. Bei diesem Prozess wird elementarer Sauerstoff (oder O2) in zwei negativ geladene Sauerstoffatome gespalten, die sich freie Radikale nennen. Da diese Atome negativ geladen sind, können sich andere Proteine in der Zelle binden und sie damit unbrauchbar machen. Dies schadet der empfindlichen Struktur der Zelle und kann sie damit sogar töten.
Sauerstoff ist zwar die Hauptquelle von freien Radikalen, aber nicht die einzige. Auch als Reaktion auf Sonnenlicht, Strahlung und bestimmte Giftstoffe in unserer Umgebung können wir freie Radikale bilden. Leider wurden diese freien Radikale mit vorzeitiger Alterung, Herzkreislauferkrankungen, Krebs und vielen anderen Krankheiten in Verbindung gebracht. Antioxidantien können diese Krankheiten verhindern, indem sie die freien Radikale neutralisieren, damit sie auf sicherem Wege aus der Zelle entfernt werden können, bevor sie Schaden anrichten. Einige Vitamine (zum Beispiel Vitamin C) fungieren als Antioxidans. Es scheint außerdem so, als ob der menschliche Körper selbst Antioxidantien in Form von Melatonin herstellt.
Mehr als nur Schlaf: Melatonin als Antioxidans
Fast jedes Tier produziert Melatonin, wirbellose Tiere eingeschlossen. Das Hormon wird in der Zirbeldrüse hergestellt, hilft uns beim Einschlafen und spielt auch noch über das Schlafengehen hinaus eine wichtige Rolle. Da die meisten Tiere im Schlaf entscheidende Zellreparaturprozesse durchführen, ist Melatonin für sie ein Auslösereiz, dass sie mit der Reparatur und anderen Prozessen beginnen können. Außerdem fungiert es anscheinend selbst als Antioxidans. Es bindet sich direkt an die Sauerstoff- und Stickstoffradikale und verhindert damit, dass diese die Zellen schädigen. Desweiteren wird der Körper dazu angeregt, andere antioxidative Enzyme zu produzieren.
Dies könnte Mitgrund sein, warum Menschen, die Schichtdienste leisten oder aus sonstigen Gründen einen gestörten circadianen Rhythmus haben, statistisch ein höheres Risiko für Herzerkrankungen, Krebs und eine Vielzahl von anderen lebensbedrohlichen Krankheitsbildern. Diese Menschen produzieren nicht so viel Melatonin oder in unregelmäßigen Abständen, wodurch Schäden an den Zellen nicht so schnell und effizient beseitigt werden können.
Die Rolle von Melatonin in den Mitochondrien
Die Rolle von Melatonin als einflussreiches Antioxidans kann sich bis in die inneren Bereiche der Zellen ausbreiten, nämlich in die Mitochondrien. Mitochondrien sind auch bekannt als die Kraftwerke der Zelle, wo der Sauerstoff und die Nährstoffe aus dem Essen in nutzbare Energie umgewandelt werden. Als Folge dieser Reaktionen gibt es für sie ein besonders hohes Risiko, durch die freien Radikale beschädigt zu werden.
Laut aktuellen Forschungen existieren spezielle Transportproteine, die das Melatonin in die Mitochondrien befördern und sogar in Bakterien und die frühsten Organismen. Sobald es einmal in den Mitochondrien ist, fungiert Melatonin als „Apexantioxidans“ oder als Hauptantioxidans. Es entfernt die freien Radikale, führt die Produkton von anderen antioxidativen Enzymen an und trägt zur Effektivität der energieproduzierenden Reaktionen bei, sodass weniger freie Radikale gebildet werden. Auch die Mitochondrien scheinen Melatonin in kleinen Mengen herzustellen, zusätzlich zu dem, was sie durch die allgemeine Blutzufuhr bekommen, was darauf hindeuten könnte, dass Melatonin als Antioxidans noch wichtiger ist, als wir bisher gedacht haben.
Einen gesunden Melatoninspiegel aufrechterhalten
Dies könnten für Millionen von Menschen, die unter Schlafstörungen leiden, schlechte Nachrichten bedeuten. Wenn Melatonin entscheidend ist für die Gesundheit, dann ist ein Mangel mit Sicherheit besorgniserregend. Es gibt bei dieser Studie jedoch auch gute Nachrichten. Zunächst ist es zwar so, dass Melatonin aus der Zirbeldrüse wichtig ist, aber die Mitochondrien produzieren ebenfalls kleine Mengen. Selbst Menschen mit Schlafstörungen haben eine Grundmenge an diesem Hormon, wenn es am dringendsten gebraucht wird. Zweitens, gibt es viele Maßnahmen, mithilfe derer man seinen Schlaf optimieren und damit die Melatoninproduktion verbessern kann. Diese beinhalten:
- Lichter und besonders Bildschirme etwa eine Stunde vor dem Zubettgehen ausschalten
- Jeden Tag zur selben Zeit schlafen gehen und aufstehen, auch an den Wochenenden
- Lichtverschmutzung durch Straßenlampen und andere äußere Lichtquellen vermeiden, blickdichte Vorhänge verwenden, wenn nötig
- Ihren Arzt nach einer Melatoninergänzung fragen, wenn andere Methoden nichts bewirken
Melatonin ist eines der Hauptmerkmale des Tierlebens, das von Bakterien bis hin zu Säugetieren, ähnliche Funktionen inne hat. Das deutet darauf hin, dass Melatonin überlebenswichtig ist. Diese neue Entdeckung bezüglich der Rolle von Melatonin als Antioxidans legt nahe, dass wir gerade erst die Spitze des Eisbergs entdecken, was die Auswirkungen dieses Hormons auf die menschliche Gesundheit angeht.