Stellen Sie fest, dass Sie nur aufwachen, wenn Ihr Wecker klingelt? Sind Sie jeden Abend müde, lange bevor Sie schlafen gehen? Wenn ja, sind Sie nicht allein. Millionen Menschen haben einen circadianen Rhythmus, der nicht ganz auf die Anforderungen ihres Alltags angepasst ist. Das liegt nicht an Faulheit oder fehlender Willenskraft, sondern eher daran, wie Ihre genetischen Veranlagungen gemeinsam mit Ihrer Umwelt Ihre inneren Uhren beeinflussen.
Auch wenn es ganz normal ist, eine Nachteule oder ein Frühaufsteher zu sein, haben Ihre inneren Uhren möglicherweise negative Auswirkungen auf Ihre Gesundheit, wenn Sie nicht mit den Anforderungen Ihrer Umgebung übereinstimmen. Laut aktuellen Studien zum Thema Sterberisiko und anderen gesundheitlichen Problemen, ist das besonders wichtig, wenn Sie ein Nachtmensch sind und einen späten Chronotyp haben.
Was versteht man unter Nachtmensch?
Jeder von uns wird mit seinem eigenen, einzigartigen Zeitplan geboren. Die meisten von uns können jedoch in drei grobe Kategorien eingeordnet werden: Frühaufsteher, Nachtmenschen und Personen, die irgendwo dazwischen liegen. Sie kennen vielleicht die zwei vorrangigen Chronotypen: Lerchen und Eulen. Lerchen sind Menschen, die morgens von selbst aufwachen und schon bald, nachdem es dunkel wird, schlafen gehen. Eulen hingegen haben Schwierigkeiten, vor den frühen Morgenstunden einzuschlafen, und wachen viel später auf.
Früher glaubte man, dass Nachtmenschen einfach fauler und weniger motiviert wären als andere. Mittlerweile wissen wir jedoch, dass jene, die später aufstehen, oft einen anderen Chronotypen besitzen. Wir alle verfügen über unsere eigene angeborene innere Uhr. Wir können diese zwar mit dem Umgebungslicht und anderen äußeren Reizen beeinflussen, jedoch ist es schwer, oder gar unmöglich, sie ganz zurückzusetzen.
Nachtmenschen haben die größten Probleme damit, sich an Zeitpläne in Arbeit, Schule oder anderen gesellschaftlichen Institutionen zu halten. Das liegt daran, dass sich ihr natürlicher Rhythmus von denen der Berufs- oder Schulwelt unterscheidet. Die meisten Jobs sowie der Schulalltag beginnen früh am Morgen. Menschen, die bis spät nachts nicht schlafen können, leiden daher unter Schlafentzug. Schließlich können sich die meisten von uns nicht einfach hinlegen und einschlafen, wenn sie noch nicht müde sind. Dieses permanente Jetlaggefühl kann zu Erschöpfung, Gedächtnisproblemen und einer niedrigen kognitiven Funktion führen. Laut einer aktuellen Studie kann es auch ein höheres Sterberisiko zur Folge haben.
Ist das Sterberisiko bei Nachtmenschen höher?
Um das Sterberisiko von Frühaufstehern und Nachtmenschen zu vergleichen, untersuchten Forscher eine Gruppe von mehr als 400.000 Briten. Zusätzlich zu anderen Untersuchungen, wurden die Personen zu ihrem natürlichen Schlafrhythmus befragt.
Nachdem sie viele Jahre beobachtet worden waren, stellten die Wissenschaftler einige interessante Unterschiede zwischen Frühaufstehern und Nachtmenschen fest. Nachtmenschen waren anfälliger für verschiedenste Krankheiten, von Diabetes über Magen-Darm-Erkrankungen bis hin zu psychischen Leiden. Aber sie waren nicht nur kränker als Frühaufsteher. Am besorgniserregendsten war die Tatsache, dass Nachtmenschen innerhalb der sechseinhalbjährigen Studiendauer ein zehn Prozent höheres Sterberisiko aufwiesen.
Wenn beide Chronotypen außerhalb ihres normalen circadianen Rhythmus leben müssen, warum werden Nachtmenschen dann so unverhältnismäßig beeinträchtigt? Dieser Chronotyp ist leider oft jener, der am stärksten mit den Anforderungen von Job oder anderen Aktivitäten in Konflikt steht. Lerchen können abendliche Aktivitäten häufig umgehen, früh aufstehen müssen jedoch die meisten Menschen.
Die Herausforderung, nach externen Uhren zu leben
Während Nachtschwärmer überproportional von einem Missverhältnis zwischen ihrem circadianen Rhythmus und den Anforderungen ihres täglichen Lebens betroffen sind, sind sie mit Sicherheit nicht die einzigen Menschen, die nicht genug schlafen. Sozialer Jetlag zählt zu einer der größten gesundheitlichen Herausforderungen unserer heutigen Zeit. Viele Menschen sind nicht in der Lage, einen gut regulierten circadianen Rhythmus beizubehalten und leiden somit unter den gesundheitlichen Folgen.
Schichtarbeiter etwa, arbeiten in wechselnden Schichten zu ungewohnten Zeiten. Diese Personen weisen viel häufiger Stoffwechselkrankheiten, Herz-Kreislauf-Leiden oder sogar Krebs auf. Nachtmenschen scheinen nur eine jener Gruppen zu sein, deren Arbeitszeiten mit ihrem circadianen Rhythmus kollidieren.
Ist es möglich, seinen Chronotyp zu ändern?
Ist das nun das Schicksal des Nachtmenschen? Die Antwort lautet nein – außerdem ist es kompliziert. Auch wenn es natürlich ideal ist, wenn der Terminplan mit dem circadianen Rhythmus übereinstimmt, lässt es sich auch gesund leben, selbst wenn dies nicht der Fall ist. Viele Menschen manipulieren zum Beispiel das Umgebungslicht so, dass ihr circadianer Rhythmus auf Kurs bleibt. Helles Licht hindert unseren Körper daran, Melatonin auszuschütten, wohingegen Dunkelheit genau das fördert. Aus diesem Grund können Nachtmenschen tagsüber, wenn sie wach sein wollen, wie zum Beispiel am frühen Morgen, helles Licht einschalten, und dieses dann rund eine Stunde vor dem Schlafengehen ausschalten. Zusätzlich können Melatonin-Ergänzungen einer müden Nachteule helfen, leichter einzuschlafen.
Nachtmenschen haben anscheinend ein höheres Risiko, einige Krankheiten zu entwickeln, die mit einer circadianen Dysfunktion in Zusammenhang stehen, auch ein höheres Sterberisiko ist möglich. Trotzdem ist ihr Schicksal nicht in Stein gemeißelt. Mit etwas Mühe und Aufwand kann sich selbst die extremste Nachteule in Richtung eines gesünderen circadianen Rhythmus und Körpers bewegen.