Es ist wieder soweit: die kalte Jahreszeit und die damit einhergehende Grippesaison steht vor der Tür. Um bloß gesund zu bleiben, scheint jeder zu dieser Jahreszeit eine Flasche Desinfektionsmittel in der Tasche zu haben, und die Menschen auf der gesamten nördlichen Hemisphäre versuchen mit Vitamin C, Echinacin und anderen beliebten natürlichen Mitteln, ihr Immunsystem zu stärken. Obwohl es wichtig ist, bestimmte Maßnahmen, wie z.B. eine Grippeimpfung oder die Einnahme von Vitaminen in Betracht zu ziehen, legen neue Forschungsergebnisse nahe, dass genügend Schlaf ebenso entscheidend sein kann, um seine Abwehrkräfte zu stärken. Dabei ist es vor allem das Hormon Melatonin wichtig, das dem Immunsystem zugutekommt – besonders bei älteren Menschen.
Altersbedingte Veränderungen der Immunfunktion
Mit zunehmendem Alter nimmt langsam die Funktionsfähigkeit unseres Körpers und unserer Organsysteme ab. Dies gilt insbesondere für das Immunsystem: Bei älteren Menschen ist das Immunsystem immer weniger dazu in der Lage, die eigenen Zellen von denen der Keime zu unterscheiden, was zu einer Zunahme von Autoimmunerkrankungen führt. T-Zellen und Makrophagen arbeiten langsamer, sodass sich Infektionen weiter ausbreiten können, bevor sie von unseren Immunzellen erkannt werden. Außerdem werden unsere Antikörper schlichtweg weniger effektiv.
Das Resultat ist, dass ältere Menschen anfälliger für Infektionskrankheiten sind, als jede andere Altersgruppe. Sie erkranken häufiger an einer Grippe oder Lungenentzündung und neigen dazu, bei gleichem Krankheitsbild ernster zu erkranken als jüngere Menschen. Daher ist es durchaus wahrscheinlich, dass sie an scheinbar harmlosen Krankheiten sterben, sobald sie sich anstecken.
Ärzte reagieren auf vielfältige Art und Weise auf dieses erhöhte Risiko: Ältere Menschen werden ermutigt, diverse Zusatzimpfungen zu erhalten; selbst harmlose Krankheiten werden bei ihnen ernster genommen und aktiver behandelt. Neue Erkenntnisse legen nahe, dass auch Melatoninpräparate eine effektive Möglichkeit sein könnten, ältere Immunsysteme zu stärken.
Wie ein Schlafhormon Ihr Immunsystem beeinflussen kann
Die Beziehung zwischen Melatonin und dem Immunsystem ist bereits seit mehr als einem Jahrzehnt bekannt, obwohl noch immer erforscht wird, wie sich die beiden gegenseitig beeinflussen. Unsere weißen Blutkörperchen, die Hauptakteure der menschlichen Immunfunktion, haben Melatoninrezeptoren. Dies deutet darauf hin, dass Melatonin ihre Funktion beeinflussen kann, insbesondere durch die Freisetzung von Zytokinen und anderen Proteinen, die helfen, eindringende Infektionen zu bekämpfen.
Gleichzeitig wirkt Melatonin stark entzündungshemmend und hilft, einen Teil der Schäden zu verhindern oder rückgängig zu machen, die entstehen, wenn das Immunsystem unser eigenes Gewebe angreift. Wissenschaftler sind sich derzeit nicht sicher, wie Melatonin das Immunsystem stimuliert, wenn es benötigt wird, und unterdrückt, wenn es nicht benötigt wird – es scheint jedoch genau diese Wirkung zu haben.
Eine Studie belegt, dass Melatonin dem Immunsystem zugutekommt, besonders bei älteren Menschen
Laut einer neuen Studie sind die immunmodulierenden Effekte von Melatonin bei älteren Menschen besonders dramatisch, da der altersbedingte Rückgang der Immunfunktion etwa im Alter von 60 Jahren beginnt. Eine aktuelle Studie an gealterten Mäusen ergab, dass sie anfingen, mehr Zytokine und andere Immunmoleküle zu produzieren, wenn sie nachts Melatonin erhielten. Darüber hinaus könnte ihre Immunfunktion mithilfe des Melatoningehalts im Blut kurz vor dem Schlafengehen vorhergesagt werden, was darauf hindeutet, dass dieses Hormon auch eine Vielzahl positiver Auswirkungen auf die Immunabwehr älterer Menschen hat.
Forscher glauben, dass Melatonin als Verbindung zwischen dem circadianen Rhythmus und dem Immunsystem fungiert, wodurch diese beiden scheinbar getrennten Systeme miteinander interagieren können. Bei älteren Menschen, bei denen sowohl die Melatoninproduktion als auch die Immunität beeinträchtigt ist, kann eine Melatoninergänzung für die Gesundheit von großer Bedeutung sein. Tatsächlich hat sich gezeigt, dass Melatonin eine Vielzahl von Rollen im menschlichen Körper spielt – wahrscheinlich mehr, als wir derzeit ahnen.
Die Auswirkungen von Melatonin auf Krankheiten
Die Zusammenhänge zwischen Melatonin und Immunität sind für jeden, der mit der bisherigen Forschung bezüglich dieses Hormons vertraut ist, nicht überraschend: Mehrere frühere Studien belegen ein geringeres Auftreten von Infektionskrankheiten bei Menschen, die einen gut regulierten circadianen Rhythmus haben, einschließlich der ausreichenden Freisetzung von Melatonin über Nacht. Daher kann ein zu niedriger Melatoninspiegel der Grund dafür sein, dass Menschen mit Jetlag häufiger krank werden.
Zudem besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen Melatoninspiegel und Krebserkrankungen: Menschen, die in Nachtschichten arbeiten oder anderweitig über einen längeren Zeitraum einem Melatoninmangel ausgesetzt sind, haben ein deutlich höheres Risiko, an bestimmten Krebsarten zu erkranken. Dies deutet auf eine Verbindung zum Immunsystem hin, da Krebserkrankungen durch ein “Versehen” in den grundlegendsten Abwehrmechanismen unseres Körpers entstehen. Da Melatonin ein starkes Antioxidans und DNA-Reparaturmittel ist, liegt es nahe, dass niedrige Melatoninwerte zu dieser gefürchteten Krankheit beitragen können.
Letztendlich sind genügend Schlaf und andere Maßnahmen zur Aufrechterhaltung eines geregelten circadianen Rhythmus der Gesundheit zuträglich. Melatonin hilft nicht nur beim Schlafen, sondern erhält auch die Funktionstüchtigkeit verschiedener Systeme. Dies gilt insbesondere für ältere Menschen, die das höchste Risiko für einen niedrigen Melatoninspiegel haben. Die Einnahme eines Melatoninpräparats vor dem Schlafengehen mag nicht der Jungbrunnen schlechthin sein, ist jedoch äußerst wichtig für die Aufrechterhaltung eines gesunden Lebensstils.