Geschichte der Chronobiologie
Die meisten von uns haben sehr wenig Wissen über die innere Uhr des Menschen. Eine junge Wissenschaft aus Europa, auch Chronobiologie genannt, hat erst im Laufe der letzten 30 Jahre an Bedeutung gewonnen. Die Chronobiologie bezieht sich darauf, dass sich der menschliche Organismus nicht dem Tag-Nacht-Zyklus entziehen kann, der entsteht, wenn sich die Erde dreht. Licht und Dunkelheit haben seit der Entstehung der Menschheit die menschliche Geschichte geprägt. Dieser Grundrhythmus wird durch genetisch manifestierte Zeitgeber gesteuert, die sich tief in unserem Körper befinden. Je intelligenter wir ihre Information aufnehmen, desto größeren Nutzen können wir daraus ziehen. Diese Verbindung ist von besonderer Bedeutung bei der Verhütung und Behandlung von Krankheiten als auch beim Heilungsprozess. Der Beginn der Chronobiologie geht auf das 18. Jahrhundert zurück. Der Astronom Jean Jacques d’Ortous de Mairan berichtete von täglichen Blattbewegungen der Mimose. Er konnte in Experimenten zeigen, dass die Blätter auch im Dauerdunkel tagesrhythmisch weiter schwingen. Namhafte Wissenschaftler wie Georg Christoph Lichtenberg, Christoph Wilhelm Hufeland, Carl von Linné und nicht zuletzt Charles Darwin berichteten über ähnliche rhythmische Phänomene. Aber erst im 20. Jahrhundert begann die wissenschaftliche Erforschung der Chronobiologie, zu deren Pionieren Wilhelm Pfeffer, Erwin Bünning, Karl von Frisch, Jürgen Aschoff, Colin Pittendrigh sowie Arthur Winfree zählen.
Die drei Basiszyklen der Chronobiologie
Infradiane Rhythmen (lat. infra, unter, und dies, Tag = die Frequenz liegt unter der eines Tages) sind Rhythmen, die länger als 24 Stunden dauern. Diese wiederholen sich nur alle paar Tage, Wochen, Monate oder einmal pro Jahr.
Dazu zählen circannuale Rhythmen, z.B. Jahresrhythmen wie der Vogelzug, aber auch circalunare Rhythmen, die einem Mondphasenzyklus (etwa 29,5 Tage) folgen sowie semilunare Rhythmen (etwa 14 Tage), die mit dem Gezeitenzyklus in Verbindung gebracht werden. Außerdem fallen darunter „Non-Circa-Rhythmen“ (Rhythmen, die keine Entsprechung in der Umgebung haben), wie etwa der Fruchtbarkeitszyklus der Frau.
Ultradiane Rhythmen (von lat. ultra, über, und dies, Tag) sind biologische Rhythmen, die kürzer als 24 Stunden dauern. Eine ganze Reihe psychologischer Funktionen des menschlichen Körpers weisen einen ultradianen Rhythmus auf. Diese Rhythmen vollziehen mehrere Wiederholungen innerhalb eines Tages. So setzt bei einem Erwachsenen ungefähr alle zwei Stunden ein neuer Zyklus von Anspannung und Entspannung ein. Ultradiane Rhythmen sorgen für eine Regulation der körperlichen, emotionalen und geistigen Funktionen. Sie erstrecken sich oft über mehrere Stunden, wie z.B. der Zyklus der Nahrungsaufnahme, aber auch die Blutzirkulation, Hormonabgaben und die unterschiedlichen Schlafstadien und die Leistungskurve zählen dazu. In unserem Körper sind diese Vorgänge millionenfach eingebaut und sehr vielfältig. Einzelne haben lediglich eine Dauer von Sekunden, wie die Steuerung der Atmung, andere wiederum dauern nur Millisekunden, wie z.B. die meisten Vorgänge, die innerhalb der Zelle auf mikrozirkulärer Ebene stattfinden. Eine Sonderstellung haben hier die circatidalen Rhythmen (etwa 12,5 Stunden), die dem wiederkehrenden Wechsel von Ebbe oder Flut folgen und für viele Bewohner der Brandungszone bestimmend sind.
Circadiane Rhythmen (von lat. circa, ungefähr, und dies, Tag) sind Rhythmen, die circa 24 Stunden lang sind, wie z.B. der Schlaf-Wachzyklus beim Menschen oder die Blattbewegungen bei Pflanzen. Viele Effekte der circadianen Rhythmen betreffen den Menschen direkt und unmittelbar, deshalb sind sie auch weitaus am besten erforscht. Daher beziehen sich alle weiteren Ausführungen auf circadiane Rhythmen.
Chronobiologie Heute
Überall auf der Welt erhält die Chronobiologie immer mehr Aufmerksamkeit. Mediziner, Forscher und die Öffentlichkeit beginnen die Vorteile der Anwendung chronobiologischer Prinzipien bei allem, von der Verabreichung von Medikamenten bis hin zur Entscheidung, welche Tageszeit für Sport am besten geeignet ist, zu erkennen. Chronobiologie findet ihre Anwendung in der Genetik, Endokrinologie, Ökologie, Sportmedizin sowie in der Psychologie, um nur ein paar Bereiche zu nennen.
Die Chronopharmakologie, ein Teilbereich der Chronobiologie, ist besonders lukrativ. Tausende Studien haben Informationen hervorgebracht, wie die genaue zeitliche Abstimmung von Medikamenten oder Ergänzungsmitteln Nebenwirkungen verringert, auf das Zielorgansystem oder die Krankheit stärker wirkt und sogar einen physiologischen Prozess komplett unterbrechen kann.
Viele namhafte Institutionen haben Abteilungen, Labore und Studienpläne hinzugefügt, die sich auf das Studium der Chronobiologie konzentrieren. Diese Institutionen haben bahnbrechende Forschungen und Einblicke hervorgebracht, die dabei halfen, die moderne Medizin und das Verständnis über unsere angeborenen biologischen Rhythmen zu formen. Melatonin, das auch als „Mutterhormon der Chronobiologie” gilt, die Wirkung von Licht auf eine Vielzahl von Krankheiten sowie das Phänomen des Chronotyps sind Bereiche mit besonders hohem Interesse.
Auch wenn die Chronobiologie noch als junge Wissenschaft angesehen wird, sind die Möglichkeiten, die sie bietet, endlos. Unsere Forschungsmethoden entwickeln sich immer weiter und könnten dazu führen, dass die Chronobiologie letztendlich zu einer führenden Wissenschaftsdisziplin wird.
Äußere und interne Zeitgeber regulieren ganz ohne unser Zutun die körperlichen, geistigen und emotionalen Funktionen. Je intelligenter wir uns an diesen Rhythmen ausrichten, umso mehr Nutzen ziehen wir daraus. Ob Mundschleimhaut oder Leber – jedes physiologische System hat seinen eigenen biologischen Rhythmus. Von besonderer Bedeutung ist dieses Wissen bei Fragen über Krankheit und Heilung, denn auch jedes Leiden wie z.B. Asthma, Arthritis, Bluthochdruck, Depression, Herzinfarkt, Magengeschwüre, Schlafprobleme, Stoffwechselstörungen des Gehirns usw. hat seine Phasen. Daraus leiten sich wichtige Schlussfolgerungen ab: Für die Vorbeugung, aber auch in der Behandlung ist der chronobiologische Faktor der eingesetzten Wirkstoffe von größter Bedeutung. Sicherlich erahnen wir erst einen Bruchteil ihrer Geheimnisse, doch eine Reihe wichtiger Substanzen steht bereits in chronobiologisch sinnvoller Formel zur Verfügung, wissenschaftlich getestet und abgesichert. Chronobiologen wurden anfangs ausgelacht. Heute ist ihre Wissenschaft die anerkannte Erforschung von Zusammenhängen zwischen Körper, Geist und Zeit. Machen Sie sich auf Überraschungen gefasst!
Die wichtigste Erkenntnis in chronobiologischer Hinsicht: Wir besitzen ein ganzes Steuerpaket aus genetisch festgelegten inneren Zeitgebern. Unser Körper besitzt einen eingebauten 24-Stunden-Zyklus. Wirklich schicksalhaft ist die Abhängigkeit der Hormonausschüttung von den Impulsen der inneren Uhren. Unter der Vorherrschaft des Gehirns informieren rund 150 Botenstoffe im Blut unsere Organe über die aktuelle Lage und verordnen entsprechende Konsequenzen. Diese Hormone geben Gas und bremsen. Im Schlaf sinkt die Körpertemperatur, mit dem Erwachen steigt der Blutdruck – usw. Diese Rhythmen wiederholen sich rund um die Uhr, Tag für Tag, Nacht für Nacht. Daher sprechen Wissenschaftler auch von einem circadianen Rhythmus. Der kürzeste “Auf und Ab”-Zyklus wird bei den Gehirnströmen gemessen: Bruchteile von Milli-Sekunden. Die längsten Tagesrhythmen – z.B. Hunger oder das Bedürfnis nach Schlaf – erstrecken sich über Stunden.
Die Chronobiologie formt in jedem einzelnen Augenblick das Geschehen innerhalb unseres Organismus zu einem unverwechselbaren Schauspiel. Nichts ist eine Stunde später genauso wie es eine Stunde zuvor war. Offensichtlich laufen mit zunehmendem Alter manche inneren Uhren langsamer und andere schneller. Sie geraten aus dem Takt und einige fallen mit den Jahren mehr und mehr aus. Organe entwickeln ein Eigenleben und Störungen treten auf. Bleiben sie unbehandelt, können Krankheiten entstehen.
Die Wissenschaft unterscheidet allein rund 80 Leiden, die als schlafbezogen gelten. Die Chronopharmakologie verfolgt genau dieses Ziel: das richtige Präparat zur richtigen Zeit. Aktuelles Bestreben ist, bei immer mehr Krankheiten oder Fehlfunktionen des Körpers eine tageszeitliche Komponente zu finden. Daraus ergeben sich verblüffende Behandlungsmöglichkeiten – auf den Punkt genau, effektiver und mit weniger Nebenwirkungen. Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel auf Basis der Chronobiologie stellen unsere Zeitgeber neu ein.
Der Licht-Dunkelheits-Faktor korrigiert die Funktionen des Tages immer wieder auf einen 24-Stunden-Takt. Seine Information wird in unserem Körper in das Signalhormon Melatonin umgewandelt. Es erfüllt immens viele Aufgaben, auch schon während des Tages. Gegen 23 Uhr schnellt normalerweise der Melatoninpegel plötzlich auf das Acht- bis Zehnfache nach oben! Ein Signal für viele Organe, Aktivitäten herunterzufahren und zu regenerieren. Ältere Menschen haben jedoch den nächtlichen Melatonin-Anstieg weitgehend verloren. Zahlreiche Rhythmen – z. B. Schlaf, Blutdruck, Körpertemperatur, Hormone – bleiben unter diesen Umständen ohne Steuerung. Abhilfe schafft eine chronobiologisch intelligente Unterstützung. Spannende aktuelle Studien liefern wertvolle Ergebnisse. So beginnen Forscher zu erkennen, zu welcher Stunde sich Krebszellen teilen. Sie gehorchen anderen Zeitgebern als gesunde Zellen. Deshalb kommt es darauf an, therapeutische Zellgifte genau dann im Zielorgan einzusetzen, wenn ihr Einfluss auf das Tumorwachstum am größten ist und die übrigen Zellen weniger belastet werden. Chronopharmakologie, die Suche nach der Harmonie zwischen therapeutischen Maßnahmen und den inneren Uhren, stellt derzeit das faszinierendste Feld der medizinischen Forschung dar. Allmählich gelingt es uns, immer mehr Krankheiten als Störungen von Rhythmen zu begreifen. Das ist der erste Schritt, chronobiologische Grundsätze bei der Heilung zu berücksichtigen.
Jede einzelne Zelle bildet ganz bestimmte Substanzen, etwa die Bausteine der Aminosäuren. Ist das gewünschte Maß an Konzentration erreicht, wird die Produktion gestoppt. Enzyme bauen innerhalb von Stunden die Substanzen wieder ab. Der Zyklus beginnt von Neuem. Als Ein-Aus-Schalter für diese Vorgänge fungieren gewisse Gene, auch «clock genes» (Uhr-Gene) genannt. Sie lassen sich in fast jedem menschlichen Gewebe nachweisen. Was sie bewirken, ist unvorstellbar vielfältig, kompliziert und intelligent. Überall im Körper nehmen Rezeptoren die Informationen der Botenstoffe und Nervenreize entgegen. Ihre Empfindlichkeit wird von den Uhr-Genen gesteuert. Also einfach gesagt: eingeschaltet, ausgeschaltet. Das gilt ebenso für die Wirkung von Vitaminen, Spurenelementen und anderen biologisch effektiven Substanzen! Auch für Medikamente! Den Hauptschalter bildet eine zweiteilige Zentrale im Zwischengehirn. Sie empfängt Nachrichten besonderer Fotozellen der Netzhaut. Diese erst vor kurzem entschlüsselten Sensoren erkennen nicht irgendwelche Gegenstände oder Farben – sie erfassen die Tageszeit, nehmen Stimmungen der Umwelt wahr und registrieren die Jahreszeit. Sie sind der Startpunkt eines Wirkmechanismus, der in seiner Gesamtheit als Hauptstellwerk aller inneren Uhren bezeichnet werden kann. Diese Zentrale überträgt den Tag-Nacht-Wechsel von außen auf unzählige Rhythmen in unserem Körper und stimmt sie gleichzeitig aufeinander und untereinander ab. Licht ist ein machtvoller Taktgeber. So kann das Überleben nach einem Herzinfarkt davon abhängen, ob durch die Fenster der Intensivstation Sonnenschein dringt. Betten in einem Nordtrakt weisen hingegen einen mysteriösen Zusammenhang mit einer höheren Todesrate auf.
Praxis der Chronobiologie
Für die Vielzahl seiner Aufgaben benötigt der Körper zu unterschiedlichen, ganz bestimmten Tageszeiten wertvolle Substanzen. Selbst bei bewusster Ernährung kann es zu Mangelerscheinungen kommen – etwa durch Alltagsstress, Umweltgifte oder Stoffwechselstörungen. Der Wissenschaft verdanken wir präzise Vorgaben darüber, welche Art von Nährstoffen zu welchem Zeitpunkt und in welcher Dosis den Körper bei der Nahrungsverwertung optimal unterstützen. Einige Nährstoffe verstärken im Idealfall wechselseitig ihre Wirkung, andere können den gewünschten Effekt sogar behindern. Mithilfe der chronobiologischen Praxis wird die Fähigkeit der Orange verbessert, lebenswichtige Biosubstanzen aufzunehmen. Die zur Verfügung gestellten Vitamine, Mineralien, Spurenelemente und Phytopharmaka werden in einer intelligenten Kombination zum richtigen Zeitpunkt zugeführt. Die Morgeneinnahme etwa sichert den Energiehaushalt, die Abendkapsel unterstützt die nächtliche Fettverbrennung und Entschlackung. Geschlechtsspezifische Rezepturen berücksichtigen die Differenzen im Stoffwechsel der weiblichen und männlichen Organe.
Die meisten Menschen betrachten Vitamine als Gesundmacher schlechthin und schlucken sie nach der Devise: Da kann man einfach nichts falsch machen. Weit gefehlt! Auch beim Ersatz von Vitaminen und Mineralstoffen gelten die strengen Gesetze der Chronobiologie. Vitamine? Besser erst auf die Uhr schauen! Entscheidend ist der Zeitpunkt. Zum einen, weil manche Vitamine morgens eine andere Wirkung ausüben als abends. Zum anderen, weil sie durch ihr Einwirken auf den Stoffwechsel unter Umständen den 24-Stunden-Rhythmus unserer Organe stören. Unerlässlich ist ein Multipräparat, konzipiert nach den Grundsätzen der Chronobiologie, das idealerweise auf die jeweiligen Bedürfnisse von Frau und Mann zugeschnitten ist.
Eine gedankenlose Einnahme von Vitaminen und Mineralstoffen ohne klarem Konzept birgt ihre Risiken
Die biologischen Wirkungen von Vitaminen und Spurenelementen zeigen erhebliche tageszeitliche Schwankungen und beeinflussen damit die körperliche Aktivität.
Vitamine, die mit der Nahrung oder als Nahrungsergänzung eingenommen werden, benötigen entweder Fette oder Wasser, um in die Zielgebiete geschleust zu werden. Betrachten wir erst die fettlöslichen: Sobald sie sich innerhalb der Fettmoleküle aufgelöst haben, erreichen sie die Lymphbahnen, das vorrangige Gefäßsystem der Gewebeflüssigkeit. Diese Bahnen führen nur zu wenigen Organen direkt. Derartige Vitamine setzen sich besonders im Fettgewebe und in der Leber fest. Einmal im Körper, können sie nicht ohne weiteres ausgeschieden werden. Fett hat eine riesige Speicherkraft, deshalb müssen solche Einnahmen äußerst verantwortungsvoll praktiziert werden. Es gibt nur vier fettlösliche Vitamine: A, D, E und K. Sie sind am Morgen wirksamer als im weiteren Tagesverlauf, am besten nach einem reichhaltigen Frühstück.
Wasser ist im ganzen Körper verteilt: im Zellinneren, im Blut und in den Zellzwischenräumen. Wasserlösliche Vitaminsubstanzen sind deshalb praktisch überall effektiv, allerdings nur flüchtig. Sie werden regelmäßig mit dem Urin wieder ausgeschieden.
Konstante tägliche Mengen vermeiden Vitaminmangel oder Störungen des Stoffwechsels. Wasserlöslich sind sieben Vitamine der B-Gruppe: Folsäure (B9), Pantothensäure (B5), Thiamin (B1), Cyanocobalamin (B12), Riboflavin (B2), Niacin (B3) und Pyridoxin (B6). Außerdem: Vitamin C (Ascorbinsäure), Biotin (Vitamin H), Cholin sowie Myo-Inosit. Die meisten Vitamine wirken nicht selbst, sie leisten nur Schützenhilfe für bestimmte Funktionen. Deshalb werden sie als Co-Enzym oder Co-Faktor klassifiziert. Für den Rest der Aufgabe müssen andere Substanzen sorgen – und das klappt nur, wenn sie zur gleichen Zeit ebenfalls in aktiver Form zur Verfügung stehen.
Je mehr Forscher sich in diese Denkaufgabe einbringen, desto mehr Vorgaben wollen berücksichtigt werden. Die Herausforderung besteht darin, zwei streng voneinander getrennte, jedoch gleich hochintelligente Multi-Vitamin-Mineral-Produkte bereitzustellen – eines für den Morgen, das andere für den Abend.
Chronophysiologie ist ein Teil der Chronobiologie und untersucht die zeitliche Organisation physiologischer Abläufe. Man spricht hierbei auch von einem zeitlichen Ablauf der normalen Lebensvorgänge. Die Chronophysiologie befasst sich mit dem Phänomen von Morgen-und Abendmenschen und erklärt, wie biologische Systeme und Prozesse von Organismen zeitlich miteinander in Verbindung stehen. Der menschliche Körper unterliegt einem 24-Stunden Rhythmus. Wir verfügen über interne Zeitmesser (circadiane Uhren), die es uns ermöglichen, täglich wiederholende Geschehnisse vorwegzunehmen und eine optimale Anpassung ihrer Physiologie an die im Tagesverlauf veränderlichen Umweltgegebenheiten vorzunehmen. Ein Tag-Nacht-Rhythmus bestimmt unser Leben, Zeitgeber wie Licht, Dunkelheit und Temperatur beeinflussen unseren Biorhythmus und sind schon tief in unseren Genen festgelegt.
Fast alle bisher untersuchten Lebensvorgänge im Körper unterliegen irgendeiner rhythmischen Variation. Hormone, Neurotransmitter, Zuckermoleküle aus der Nahrung und die Kämpfer unter den Blutzellen zeigen im Laufe eines Tages abwechselnd unterschiedliche Konzentrationen im Blut. Einige Veränderungen sind gleichzeitig wichtige Taktgeber für verschiedene Reaktionen der Organe. Aber auch das Auftreten von Krankheiten und die Intensität ihrer Beschwerden folgen den Impulsen innerer Uhren. Das gilt besonders stark für Asthma, Depressionen und für epileptische Anfälle. Wird das circadiane System gestört, ergeben sich starke Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden. So kann beispielsweise die Zeitumstellung wie ein kleiner Jet-Lag wirken, der mit Schlafproblemen, Konzentrationsschwächen oder sogar Depressionen einhergeht. Gravierendere und langfristigere Probleme ergeben sich bei Schichtarbeitern, bei denen diese Störungen chronisch auftreten. Nur wenn wir den eigenen Lifestyle, den wir pflegen, an unsere inneren Rhythmen anpassen, bekommen wir jene Energie, die wir benötigen und bleiben gesund.
Die Chronopathologie versteht sich als Lehre vom gestörten Zeitablauf der Lebensvorgänge. Verschiedene Phänomene der Normabweichung im zeitlichen Verlauf werden durch die Chronopathologie beschrieben, ebenso ihre Charakteristika, Ursachen, prognostische und diagnostische Bedeutung sowie therapeutische Auswirkungen. Krankheiten einzelner Organe zeigen sich zu entsprechenden Zeiten. Jahres- und Wochenrhythmen haben einen Einfluss auf Krankheitsanfälligkeit- und häufigkeit, Unfallhäufigkeit und Sterberate.
Abweichungen vom biologischen Rhythmus sind häufig. Beim Blutdruck beispielsweise finden wir dafür sehr viele Faktoren. Sie geschehen sowohl unter Bedingungen des Alltags, als auch unter dem Einfluss von Phasen der Aktivität und Ruhe. Die Chronopathologie untersucht diese Phänomene der Veränderung bei funktionellen Störungen einer Organleistung und bei Krankheit auch in Bezug auf die Rolle des Tag-Nacht-Rhythmus. Paradefelder dieser Wissenschaft sind Schichtarbeit und Jetlag; Auffälligkeiten durch die Zeitverschiebung.Die Chronpathologie hilft, verschiedene Phasen einer Abweichung von der Norm zu identifizieren. Das Erkennen von zeitabhängigen Merkmalen kann in der Diagnose wie in der Therapie einer Krankheit von großer Bedeutung sein. Die intelligente Anatomie ist die Grundlage eines jeden Medikaments mit einem therapeutischen Zeitfenster.
Die Chronopharmakologie stellt einen Bereich der Chronobiologie dar. Sie beschäftigt sich mit unserer inneren Uhr und den Auswirkungen auf die Arzneimitteltherapie. Dabei untersucht die Chronopharmakologie das Verhalten von Medikamenten im menschlichen Körper und deren Wirkungen unter dem Gesichtspunkt der zeitlichen Strukturierung des Organismus. Der menschliche Körper ist einem 24-Stunden-Takt unterworfen, wobei unsere innere Uhr alle Funktionen regelt. Biologische Rhythmen sind auch entscheidend für die richtige Einnahme von Arzneien. Dadurch kann die Wirkung von Medikamenten verändert werden, aber auch Nebenwirkungen können je nach Einnahmezeitpunkt variieren. Dieses Wissen ist für die Behandlung verschiedenster Krankheiten von enormer Bedeutung. Nicht nur die richtige Menge der richtigen Substanz ist entscheidend, sondern auch der korrekte Zeitpunkt, zu dem diese verabreicht wird. Wichtige Fragen, die die Chronopharmakologie im diesem Zusammenhang klärt:
- Welche Substanz wirkt am besten morgens?
- Welche Substanz hat ihre beste Zeit zum Abend hin?
- Welche Stoffe passen zusammen? Welche müssen sogar gemeinsam vorhanden sein, um zu wirken oder wird eventuell ein Biostoff durch einen anderen behindert?
- Wie verändert sich die Wirkung von Medikamenten in Abhängigkeit von der Tageszeit, zu der sie eingenommen werden
- Wie lässt sich die Wirksamkeit von Arzneimitteln optimieren?
Durch eine zeitlich korrekte Abstimmung von Pharmaka kann die Therapieeffizienz erhöht und Nebenwirkungen gering gehalten werden. Speziell bei Blutdruckmedikamenten und Kortisonpräparaten gilt es, Tagesrhythmen zu beachten. So haben beispielsweise verschiedene Antihypertensiva eine stärkere blutdrucksenkende Wirkung, wenn sie abends eingenommen werden, anstatt morgens. Patienten können von den Ergebnissen der Chronopharmakologie profitieren, da sie wichtige Informationen zur richtigen Arzneimitteleinnahme liefert, die zu einer besseren Verträglichkeit und Wirksamkeit einzelner Präparate führen. Wissenschaftler im Bereich der Chronopharmakologie forschen weiter nach neuen Erkenntnissen darüber, zu welchem Zeitpunkt Arzneien besonders gut wirken und wann mit möglichst wenigen Nebenwirkungen zu rechnen ist. Für viele Substanzen kennt die Chronopharmakologie bereits optimale Wirkungsbedingungen. Und eine Reihe moderner Präparate kann man nicht anders als intelligent bezeichnen. Diese enthalten bestimmte Mikro-Biosubstanzen für den gesamten Tag und müssen möglicherweise nur einmal täglich eingenommen werden. Durch ein Zeitschloss, oder weil Substanzen unterschiedliche Aktionsgeschwindigkeiten aufweisen, wird erreicht, dass ein Effekt nach dem anderen tageszeitlich genau einsetzt und die Wirkung bis in die Nacht hinein anhält.