Neue Studien im Bereich der circadianen Biologie belegen, dass ein gesunder circadianer Rhythmus und insbesondere ein gesunder Melatoninspiegel eine Vielzahl von positiven Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Die Funktion von Melatonin im Schlaf-Wach-Zyklus ist schon seit langem bekannt, aber dieses Hormon kann darüber hinaus auch verschiedenste Zellprozesse beeinflussen, die wiederum im Zusammenhang mit Krebs, Herzkrankheiten und sogar der Fruchtbarkeit stehen.
Melatonin und der circadiane Rhythmus
Melatonin ist ein Hormon, das von der Zirbeldrüse als Reaktion auf Signale aus dem suprachiasmatischen Kern im Gehirn ausgeschüttet wird. Es wird nachts freigesetzt und ist dafür bekannt, den Körper darauf vorzubereiten, einzuschlafen und sich im Schlaf zu erholen. Neue Forschungen scheinen jedoch zu zeigen, dass Melatonin in verschiedensten physiologischen Prozessen eine wichtige Rolle spielt, u.a. auch bei der Fruchtbarkeit und fötaler Entwicklung.
Kann Melatonin die Fruchtbarkeit unterstützen?
Eine kürzlich veröffentlichte Studie der Universität Texas, Health Center, in San Antonio legt nahe, dass für eine optimale Fruchtbarkeit gesunde Melatoninspiegel nötig sind. Eizellen sind genau wie alle anderen Körperzellen freien Radikalen ausgesetzt, die DNA-Schäden verursachen können. Melatonin agiert in diesem Fall als Antioxidans in den Eierstöcken, indem es freie Radikale entfernt und Zellschäden vorbeugt.
Da eine gesunde Eizellenproduktion der erste Schritt für eine Empfängnis und eine gesunde Schwangerschaft ist, legen diese Ergebnisse nahe, dass ein gesunder Melatoninspiegel für die Fruchtbarkeit sehr bedeutend ist. Tatsächlich ist eine schlechte Eizellenqualität die häufigste Ursache für Unfruchtbarkeit. Der Zellbiologe Russel J. Reiter, der die Studie beaufsichtigte, schlägt vor, dass Frauen, die empfangen wollen, jede Nacht etwa in der selben Zeitspanne acht Stunden Dunkelheit tanken sollen, um einen gesunden circadianen Rhythmus und einen gesunden Melatoninspiegel zu fördern.
Der fötale circadiane Rhythmus
Eine weitere chronobiologische Studie, die im vergangenen Winter im Journal of Medicine and Life veröffentlicht wurde, stellte fest, dass Melatonin für die embryonale und fötale Entwicklung von wesentlicher Bedeutung ist. Der Melatoninspiegel steigt während der Schwangerschaft konstant an. Da dieses Hormon unverändert durch die Plazenta transportiert wird, ist es sowohl im Fruchtwasser als auch im sich entwickelnden Fötus nachweisbar. Ein Fötus verfügt schon über Melatonin-Rezeptoren in seinem Gehirn, lange bevor dieses sich vollständig geformt hat.
Dieses mütterliche Melatonin hat verschiedene Funktionen für den Fötus. Zum einen vermittelt es die Information über Licht- und Dunkelzyklen an das Gehirn des Fötus, wodurch es dem Kind hilft, seinen eigenen circadianen Rhythmus zu bilden. Zum anderen wird angenommen, dass Melatonin auch eine wichtige Rolle in der Aktivierung bestimmter Gene spielt, die für die richtige Entwicklung von der Empfängnis bis zur Geburt bedeutend sind.
Niedriges Melatonin und Schwangerschaft
Auch wenn der exakte Mechanismus, durch den Melatonin die Schwangerschaft beeinflusst, noch nicht bekannt ist, ist seine Notwendigkeit doch unbestritten. Schwangere Frauen mit einem niedrigen Melatoninspiegel neigen eher dazu, Präeklampsie oder intrauterine Wachstumsretardierungen sowie andere Störungen zu entwickeln, die verheerende Auswirkungen für Mutter und Kind haben können. Auch Frauen, die eine IVF-Behandlung durchführen lassen, haben eine bessere Blastozytenentwicklung sowie generell bessere Schwangerschaftsergebnisse, wenn sie während der IVF-Behandlung Melatonin einnehmen.
Auch wenn Wissenschaftler und Ärzte schon seit Jahren wissen, dass ein gesunder Schlafrhythmus wichtig für einen gesunden Menstruationszyklus ist, so ist doch die Bedeutung von Melatonin im Bereich der Fruchtbarkeit und der Schwangerschaftsergebnisse eine neue Erkenntnis, die genutzt werden kann, um die mütterliche und fötale Gesundheit zu verbessern. Ein schlecht gesteuerter circadianer Rhythmus kann sich sowohl auf die Fertilität als auch auf die Schwangerschaft negativ auswirken – diesen Folgen kann mit einer einfachen Melatonin-Ergänzung vorgebeugt werden.
Die Bedeutung von Melatonin für Fruchtbarkeit und Empfängnis
Trotz intensiver Fruchtbarkeitsforschung bietet die Wissenschaft erst wenige Methoden für Frauen, die Probleme haben, schwanger zu werden oder schwanger zu bleiben. Die jüngsten Entdeckungen zur Bedeutung von Melatonin für die Empfängnis und fötale Entwicklung geben Frauen mit Kinderwunsch Hoffnung. Einen gesunden circadianen Rhythmus in Verbindung mit optimalen Melatoninspiegeln zu gewährleisten, kann dabei für viele Frauen der Schlüssel zu einer gesunden Schwangerschaft sein. In naher Zukunft ist es daher leicht möglich, dass Frauen mit Kinderwunsch dazu aufgefordert werden, zusätzlich zu Folsäure und anderen Nahrungsergänzungsmitteln auch Melatonin einzunehmen, um eine gesunde fötale Entwicklung sicherzustellen.