Forscher haben einen Weg gefunden, um die präklinische Erzeugung von Schlüsselneuronen, die bei der Parkinson-Krankheit geschädigt werden, besser zu kontrollieren, und damit einen neuen Ansatz für eine Krankheit aufgedeckt, für die es keine Heilung und nur wenige wirksame Behandlungen gibt.
Effiziente Methode: Stimulierung der Stammzelldifferenzierung, um Nervenzellen im Mittelhirn zu produzieren
Die Parkinson-Krankheit ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste neurologische Erkrankung. Im Bevölkerungsdurchschnitt haben etwa 1 bis 2 von 1000 Menschen Parkinson. Die Krankheit tritt vor allem nach dem 50. Lebensjahr auf, und betrifft insbesondere ältere Männer. Sie führt zu einer fortschreitenden Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit, zu Schmerzen sowie zu Schlaf- und psychischen Problemen.
Wissenschaflter der Universität Toronto setzten einen Antikörper ein, um einen Rezeptor in einem molekularen Signalweg zur Entwicklung dopaminerger Neuronen selektiv zu aktivieren. Diese Neuronen produzieren Dopamin, einen für die Gesundheit des Gehirns wichtigen Neurotransmitter. Forscher auf der ganzen Welt arbeiten daran, Stammzellen dazu zu bringen, sich in dopaminerge Neuronen zu differenzieren, um diejenigen zu ersetzen, die bei Parkinson-Patienten verloren gehen. Die Bemühungen wurden jedoch zum Teil dadurch behindert, dass es nicht möglich war, spezifische Rezeptoren und Bereiche des Gehirns anzusprechen.
Die Forscher der aktuellen Studie haben synthetische Antikörper verwendet, die sie zuvor entwickelt hatten, um den Wnt-Signalweg anzugreifen. Sie können diesen Signalweg selektiv aktivieren, um Stammzellen im Mittelhirn dazu zu bringen, sich zu Neuronen zu entwickeln, indem sie auf spezifische Rezeptoren in diesem Signalweg abzielen. Die Studie wurde kürzlich in der Zeitschrift Development veröffentlicht.
Die meisten bisherigen Forschungsbemühungen zur Aktivierung des Wnt-Signalwegs stützten sich auf einen GSK3-Enzym-Inhibitor. Bei dieser Methode sind mehrere Signalwege für die Stammzellvermehrung und -differenzierung involviert, was zu unbeabsichtigten Auswirkungen auf die neu produzierten Neuronen und zur Aktivierung von Zellen führen kann, die nicht zum Ziel gehören. Die Forscher haben eine effiziente Methode zur Stimulierung der Stammzelldifferenzierung entwickelt, um Nervenzellen im Mittelhirn zu produzieren. Ein weiteres vielversprechendes Ergebnis der Studie war, dass die Implantation der künstlich hergestellten Neuronen in ein Nagetiermodell mit Parkinson-Krankheit zu einer Verbesserung der Bewegungseinschränkung des Nagers führte.
Der nächste Schritt der Forscher wird darin bestehen, mit Nagetieren oder anderen geeigneten Modellen fortzufahren, um die Ergebnisse der Aktivierung des FZD5-Rezeptors und der Hemmung von GSK3 zu vergleichen. Diese Experimente werden bestätigen, welche Methode bei der Verbesserung der Symptome der Parkinson-Krankheit im Vorfeld klinischer Studien effektiver ist.
Neu entdeckte genetische Mutation schützt vor Parkinson-Krankheit
Laut einer aktuellen Studie der USC Leonard Davis School of Gerontology bietet eine bisher nicht identifizierte genetische Mutation in einem kleinen Protein einen signifikanten Schutz vor der Parkinson-Krankheit und eröffnet eine neue Richtung für die Erforschung potenzieller Behandlungsmöglichkeiten.
Die Variante, die sich in einem mitochondrialen Mikroprotein namens SHLP2 befindet, erwies sich als hochgradig schützend gegen die Parkinson-Krankheit; bei Personen mit dieser Mutation ist die Wahrscheinlichkeit, die Krankheit zu entwickeln, nur halb so hoch wie bei Personen, die diese Mutation nicht tragen. Die abweichende Form des Proteins ist relativ selten und kommt vor allem bei Menschen europäischer Abstammung vor. Die Ergebnisse sind in der Zeitschrift Molecular Psychiatry erschienen.
SHLP2 wurde erstmals 2016 von Pinchas Cohen an der USC Leonard Davis School entdeckt und wird in den Mitochondrien der Zelle hergestellt. Frühere Forschungsarbeiten des Cohen-Labors ergaben, dass SHLP2 mit dem Schutz vor altersbedingten Krankheiten, einschließlich Krebs, in Verbindung gebracht wird und dass sich die Konzentrationen des Mikroproteins bei Patienten mit Parkinson-Krankheit verändern; sie steigen an, wenn der Körper versucht, der Pathologie der Parkinson-Krankheit entgegenzuwirken, aber oft gelingt es nicht, eine zusätzliche Produktion aufzubauen, wenn die Krankheit fortschreitet.
Diese jüngste Erkenntnis baut auf der früheren Mitochondrienforschung des USC-Teams auf, und stellt einen Fortschritt an der Schnittstelle von Langlebigkeitswissenschaft, Präzisionsgesundheit und Mikroproteinforschung dar. Diese Studie bringt das Verständnis dafür voran, warum Menschen Parkinson bekommen können und wie neue Therapien für diese verheerende Krankheit entwickelt werden können. Da die meisten Forschungen an gut etablierten proteinkodierenden Genen im Zellkern durchgeführt werden, unterstreicht dies die Bedeutung der Erforschung von Mikroproteinen aus den Mitochondrien als neuer Ansatz für die Prävention und Behandlung von Alterskrankheiten.
Parkinson-Risiko um das Zweifache reduziert
Für diese Studie leitete die Erstautorin Su-Jeong Kim, eine außerordentliche Assistenzprofessorin für Gerontologie an der USC Leonard Davis School, eine Reihe von Experimenten, bei denen die vom Labor entwickelte Pipeline zur Entdeckung von Mikroproteinen zum Einsatz kam, die mit einer datengestützten Analyse beginnt, um Varianten zu identifizieren, die an Krankheiten beteiligt sind. Tausende von menschlichen Studienteilnehmern aus der Health & Retirement Study, der Cardiovascular Health Study und der Framingham Heart Study wurden auf die SHLP2-Variante untersucht. Durch den Vergleich genetischer Varianten in der mitochondrialen DNA von Parkinson-Patienten und Kontrollpersonen fanden die Forscher eine hochgradig schützende Variante, die bei 1% der Europäer vorkommt und das Parkinson-Risiko um das Zweifache auf 50% des Durchschnittswertes senkt.
Anschließend wiesen sie nach, dass diese natürlich vorkommende Variante zu einer Veränderung der Aminosäuresequenz und der Proteinstruktur von SHLP2 führt. Die Mutation – ein Einzelnukleotid-Polymorphismus (SNP) oder eine Änderung eines einzelnen Buchstabens im genetischen Code des Proteins – ist im Wesentlichen eine „gain-of-function“-Variante, die mit einer höheren Expression von SHLP2 verbunden ist und das Mikroprotein stabiler macht. Den Ergebnissen zufolge ist die SHLP2-Variante im Vergleich zum häufigeren Typ sehr stabil und bietet einen besseren Schutz vor mitochondrialer Dysfunktion.
Das Forscherteam konnte mit Hilfe gezielter Massenspektrometrietechniken das Vorhandensein des winzigen Peptids in Neuronen nachweisen und stellte fest, dass SHLP2 spezifisch an ein Enzym in den Mitochondrien bindet, den so genannten mitochondrialen Komplex 1. Dieses Enzym ist lebenswichtig, und eine Abnahme seiner Funktion wird nicht nur mit der Parkinson-Krankheit, sondern auch mit Schlaganfällen und Herzinfarkten in Verbindung gebracht. Die erhöhte Stabilität der SHLP2-Variante bedeutet, dass das Mikroprotein stabiler an den mitochondrialen Komplex 1 bindet, den Rückgang der Aktivität des Enzyms verhindert und somit die mitochondriale Dysfunktion verringert. Die Vorteile der mutierten Form von SHLP2 wurden sowohl in In-vitro-Experimenten an menschlichen Gewebeproben als auch in Mausmodellen der Parkinson-Krankheit beobachtet, so die Studie.
Die Daten zeigen die biologischen Auswirkungen einer bestimmten Genvariante und die möglichen molekularen Mechanismen auf, durch die diese Mutation das Risiko für die Parkinson-Krankheit verringern kann. Diese Erkenntnisse könnten die Entwicklung von Therapien leiten und einen Fahrplan für das Verständnis anderer Mutationen in mitochondrialen Mikroproteinen liefern.