Millionen von Menschen, die unter Depressionen leiden, könnten laut Forschungen von Methoden profitieren, die sogar noch wirkungsvoller bei der Behandlung von nicht-saisonalen, starken Depressionen sein sollen, als Medikamente wie Prozac (Fluoxetin). Die Rede ist von Lichttherapie.
Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) handelt es sich bei Depressionen um eine weit verbreitete psychische Erkrankung, von der weltweit rund 350 Millionen Menschen betroffen sind. Hierbei handelt es sich zudem um den weltweit häufigsten Grund für Berufsunfähigkeit. Jene, die Depressionen haben, leiden enorm, und verfügen über eine schlechtere Lebensqualität, da ihre Fähigkeit, im Job, in der Schule oder innerhalb der Familie zu funktionieren, negativ beeinflusst wird.
Depressionen können bis zum Suizid führen: in der Altersklasse zwischen 15 und 29 Jahren ist Selbstmord die zweithäufigste Todesursache. Jedes Jahr sterben mehr als 800.000 Menschen aufgrund von Suizid. Die Entdeckung einer neuen und effektiven Behandlung gegen starke Depressionen wurde dringend herbeigesehnt, da Medikamente in gerade einmal 60 Prozent der Fälle wirken.
Frühere Zusammenhänge zwischen Lichttherapie und Depressionen
Bei Menschen, die unter einer nicht-saisonalen starken Depression leiden, wurde bereits in den 70er Jahren ein Zusammenhang zwischen Lichttherapie und antidepressiver Wirkung entdeckt. Die rasche und erhebliche Verbesserung bei Patienten mit jahreszeitlich bedingter Depression (SAD) nach Einsatz von Lichttherapie führte dazu, dass diese Methode bei der Behandlung von SAD rasch Aufmerksamkeit bekam. Gleichzeitig verzögerte sich die Entdeckung betreffend der Wirksamkeit von Lichttherapie bei der Behandlung von nicht-saisonalen, starken Depressionen.
Man geht davon aus, dass die Symptome von SAD auf den fehlenden Kontakt mit natürlichem Licht in den Wintermonaten zurückzuführen ist. Die Symptome wurden mit Lichttherapie erfolgreich behandelt. Der bekannte Lichttherapie- und SAD-Experte Raymond Lam, Doktor der Medizin an der University of British Columbia in Vancouver, Kanada merkt an, dass er Lichttherapie für die Behandlung von Winterdepressionen seit langer Zeit untersuchte, man war jedoch immer davon ausgegangen, dass die nicht-saisonale Depression anders sei als die Winterdepression.
Eine neue Untersuchung legt nahe, dass Lichttherapie eine höchst effektive Behandlungsmethode ist
In der ersten placebo-kontrollierten Untersuchung, die in der Fachzeitschrift JAMA Psychiatry veröffentlicht wurde, konnte gezeigt werden, dass Lichttherapie eine effektive Behandlung bei Depressionen darstellt, die nicht mit der jahreszeitlich bedingten Depression verwandt sind.
Raymond Lam und seine Kollegen untersuchten 122 Patienten, die mit schweren Depressionen diagnostiziert worden waren, um den Zusammenhang zwischen Lichttherapie und Stimmungslage zu evaluieren. Laut Medscape erzielten alle Patienten im Durschnitt 20 oder mehr Punkte auf der Hamilton Depressionsmessskala, was auf erhebliche Depressionen schließen lässt. Zu Beginn der Studie (Woche 0) betrug der Mittelwert auf der Montgomery-Asberg Depression Rating Scale (MADRS) bei allen Behandlungsgruppen ungefähr 22.
Diese 122 Patienten wurden in die folgenden vier Behandlungsgruppen aufgeteilt, wobei sich in jeder Gruppe ungefähr 30 Patienten befanden:
- Lediglich die Anwendung von Lichttherapie für 30 Minuten pro Tag.
- Die Verwendung eines Placebo-Geräts, das Licht nicht im vollen Spektrum ausstrahlte.
- Die Kombination aus Lichttherapie und 20 mg Fluoxetine (Prozac) pro Tag.
- Die Kombination aus einem Placebo-Gerät und einem Placebo-Medikament.
Die Studiengruppen wurden acht Wochen der jeweiligen Behandlung ausgesetzt. Lichttherapie umfasste täglich den 30-minütigen Kontakt eines Neonlichts mit vollem Spektrum, der so schnell wie möglich nach dem Aufwachen stattfand.
Am Ende der achtwöchigen Studie wiesen jene Patienten, die eine Kombination aus Lichttherapie und Fluoxetine erhalten hatten, die größten Veränderungen bei der MADRS auf. Zudem stellte sich die alleinige Anwendung von Lichttherapie bei der Behandlung dieser Patienten als effektiver heraus, als die ausschließliche Anwendung von Fluoxetinen, was ebenfalls durch eine größere Veränderung des MADRS Mittelwerts bewiesen wurde.
Die Anzahl der notwendigen Behandlungen (NNT) ist bei klinischen Untersuchungen nützlich, da sie dabei hilft, das Verhältnis der Patienten zu identifizieren, die vermutlich behandlungsspezifische Wirkungen aufweisen werden. Die beste NNT ist 1, das bedeutet, dass alle Patienten von der Behandlung profitiert haben und keiner in der Kontrollgruppe. Bei dieser Untersuchung betrug die NNT, um beim Kombinationsansatz eine Wirkung zu erreichen im Vergleich zum Placebo, gerade einmal 2,4 und die NNT, um bei der Verwendung des Kombinationsansatzes Remission (Rückgang) zu erreichen, im Vergleich zum Placebo 3,5.
Wie hilft Lichttherapie gegen Depressionen?
Lichttherapie wirkt wie ein Antidepressivum. Es wird davon ausgegangen, dass dadurch wieder eine angemessene Melatoninausschüttung und Synthese der Zirbeldrüse hergestellt wird, was den Wiederaufbau eines normalen Rhythmus der Hormonausschüttung ermöglicht, die täglich auftritt, und mit einem korrekt funktionierenden circadianen Rhythmus zusammenhängt.
Wenn man sich die Statistiken ansieht, die mit Depressionen zusammenhängen und die Tatsache, dass sich eine Behandlung häufig als schwierig herausstellt, da es keine Therapie gibt, die bei allen Patienten erfolgreich ist, hat die Entdeckung der Lichttherapie für die Behandlung von schweren Depressionen das Potenzial, das Leben vieler Menschen zu verändern.
Dr. Raymond Lam beschreibt diese Ergebnisse als sehr aufregend, da Lichttherapie kostengünstig und leicht zugänglich ist, und wenige Nebenwirkungen hat. Er gibt zudem an, dass Lichttherapie von Patienten ganz einfach in Kombination mit anderen Behandlungen wie Psychotherapie und Antidepressiva genutzt werden kann.