In der modernen Welt hat sich Schlaflosigkeit zu einer Epidemie entwickelt, da viele Menschen aufgrund von Stress und unüblichen Arbeitsstunden nachts wach sind. Für etwa 20 Prozent aller Erwachsenen ist ein alkoholisches Getränk eine garantierte Abhilfe, um sich nicht die ganze Nacht hin und her zu wälzen. Laut mehreren Studien, die den Zusammenhang zwischen Alkohol und Schlaf beleuchten, kann dies erhebliche Auswirkungen sowohl auf unseren circadianen Rhythmus als auch auf die allgemeine Gesundheit unseres Körpers haben. Obwohl Sie sich mit Alkohol gegebenenfalls schläfriger fühlen, kann dieses Genussmittel in Wirklichkeit den circadianen Rhythmus des Körpers beeinflussen und verhindern, dass Sie genügend Schlaf bekommen.
Circadianer Rhythmus, Alkohol und Schlaf
Sind Sie schon einmal nach einer durchzechten Nacht wach geworden und hatten das Gefühl, dass Sie kein Auge zugetan haben? Ihre Müdigkeit ist wahrscheinlich nicht nur darauf zurückzuführen, dass Sie bis spät unterwegs waren.
Jede Zelle unseres Körpers funktioniert nach ihrer eigenen inneren Uhr, um ihm Zeichen zu geben, wann der richtige Zeitpunkt für den Stoffwechsel, die Entspannung und die Durchführung von wichtigen Prozessen, wie etwa die DNA-Reparatur, ist. Außerdem reagieren unsere Zellen und Gewebe auf eine übergreifende circadiane Uhr, die mithilfe von Hormonen, wie etwa Melatonin und Cortisol, das Timing von wichtigen Funktionen koordiniert.
Unsere circadiane Uhr befindet sich tief im Inneren des Nucleus suprachiasmaticus (SCN) unseres Gehirns und hilft dabei, dass wichtige Zellfunktionen im Einklang mit unserem eigenen internen Zeitplan sowie unter externen Einflüssen, wie etwa der Gegenwart von Licht, zu optimalen Zeiten ablaufen. Allerdings scheint Alkohol diese Meisteruhr zu beeinträchtigen.
Wissenschaftler untersuchten anhand von Mäusen diese Beziehung. Sie gaben einigen Mäusen Alkohol, während die Kontrollgruppe nur Wasser bekam. Anschließend wurde das Verhalten sowie die Reaktionen der Nagetiere auf Licht und weitere Faktoren gemessen. Mäuse, die Alkohol getrunken hatten, hatten durchschnittlich signifikant kürzer geschlafen als abstinente Mäuse. Darüber hinaus reagierten sie empfindlicher auf externe Einflüsse. Sie wurden schon bei der geringsten Lichteinstrahlung wach.
Am bedeutendsten ist dabei vielleicht, dass dieser Effekt anhielt, obwohl der Alkohol längst nicht mehr in ihrem Körper war. Bei Mäusen sowie bei Menschen können die Auswirkungen von chronischem Alkoholkonsum auf Schlaf auch noch Monate, nachdem kein Alkohol mehr konsumiert wurde, festgestellt werden. Wenn Sie gerne mehrere Abende in der Woche trinken, kann Ihr Schlaf auch noch Monate nach der Abstinenz darunter leiden.
Die Auswirkungen von Alkohol auf die Melatoninproduktion
Alkohol kann insbesondere den Schlaf beeinträchtigen, indem er die Melatoninproduktion schwächt. Melatonin wird in der Zirbeldrüse gelagert und als Reaktion auf das Zeichen des Nucleus suprachiasmaticus freigegeben. Melatonin gehört zu den wichtigsten Hormonen, um die circadiane Uhr zu regulieren. Es ist am besten für seine unterstützende Funktion beim Schlafen bekannt, dient jedoch auch als starkes Antioxidans und Zellreparaturmolekül.
Ein niedriger Melatoninspiegel konnte mit Schlafstörungen sowie mit einer Vielzahl von schweren Krankheiten in Verbindung gebracht werden. Alkoholkonsum kann den Melatoninspiegel so weit senken, dass er nicht ausreicht, um gesund zu bleiben. Eine Studie mit jungen Erwachsenen, alle mit einem stabilen Schlaf-Wach-Rhythmus, fand heraus, dass bei Alkoholkonsum sogar bei dieser Gruppe mit geringem Risiko ein Rückgang der Melatoninproduktion von fast 20 Prozent festgestellt werden konnte. Dies könnte die Schlafgewohnheiten beeinträchtigen sowie das Risiko, erhöhen, an Depressionen und sogar an Krebs zu erkranken.
Alkohol und die innere Uhr der Leber
Die Auswirkungen von Alkohol auf die Leber sind wohlbekannt. Krankheiten wie Leberzirrhose bis hin zu Leberkrebs können mit exzessivem Alkoholkonsum assoziiert werden. Dies liegt teilweise an der Funktion der Leber begründet, den Blutstrom von Alkohol zu reinigen. Allerdings legt eine Studie aus dem Jahr 2015 nahe, dass Alkohol gravierende Auswirkungen auf den circadianen Rhythmus von Leberzellen hat, was teilweise für alkoholbedingte Lebererkrankungen verantwortlich ist.
Die Leber übernimmt beim Stoffwechsel und der Entgiftung eine Vielzahl von Funktionen. Ihre Aktivitäten werden von vielen Faktoren reguliert, einschließlich der circadianen Uhren. Alkohol beeinträchtigt die innere Uhr der Leberzellen. Somit können sie sich nicht mehr so gut von Schäden erholen, die tagsüber verursacht wurden. Mit der Zeit kann dies zu einem kumulierten Schaden, zur Leberverfettung und sogar zu tödlichen Krankheiten, wie etwa Leberzirrhose, führen.
Den benötigten Schlaf bekommen
Viele wenden Alkohol als Schlafmittel an, ohne seine gravierenden Auswirkungen auf den circadianen Rhythmus zu erkennen. Dies kann zu einer Vielzahl von negativen gesundheitlichen Konsequenzen führen. Schlaf ist auf unterschiedlichste Art und Weise wichtig für Ihre Gesundheit. Sogar nur kleine Störungen des circadianen Rhythmus können verheerende langfristige gesundheitliche Auswirkungen haben. Wenn Sie nach einer Lösung suchen, um einzuschlafen, und nach einem Glas Wein greifen möchten, ziehen Sie stattdessen folgende Optionen in Betracht:
- Behalten Sie gleichbleibende Schlafenszeiten bei. Sie sollten jeden Tag, sogar an Wochenenden, etwa zur gleichen Zeit schlafen gehen und aufstehen.
- Reservieren Sie Ihr Schlafzimmer nur für Sex und Schlaf. Somit wird Ihr Gehirn darauf eingestellt, sich zum Schlafen vorzubereiten, sobald Sie im Bett sind.
- Reduzieren Sie Stress am Abend. Legen Sie Ihren Laptop zur Seite und schalten Sie mehrere Stunden vor der Schlafenszeit die Nachrichten aus. Ziehen Sie Sport, Yoga, Meditation oder sonstige Aktivitäten in Betracht, die Ihnen helfen, Ihre innere Ruhe zu finden.
- Vermeiden Sie Wachmacher. Zigaretten und Koffein können Ihren Schlaf genauso beeinträchtigen wie Alkohol.
- Beschränken Sie Lichteinstrahlung. Lichteinstrahlung, auch in kleinem Umfang, wie etwa von einem Smartphonebildschirm, signalisiert Ihrem Gehirn, dass noch Tag ist, und dass es die Melatoninproduktion hinauszögern soll.