Die innere Uhr des Körpers bestimmt nicht nur, wann wir schlafen, sondern auch, wie schnell unsere Muskeln heilen. Eine neue Studie der Northwestern Medicine an Mäusen, die in Science Advances veröffentlicht wurde, legt nahe, dass Muskelverletzungen schneller heilen, wenn sie während der natürlichen Wachphasen des Körpers auftreten. Die Ergebnisse könnten Auswirkungen auf Schichtarbeiter haben und sich auch als nützlich erweisen, um die Auswirkungen von Alterung und Fettleibigkeit zu verstehen, so die leitende Autorin Clara Peek, Assistenzprofessorin für Biochemie und Molekulargenetik an der Feinberg School of Medicine der Northwestern University. Die Studie könnte auch dazu beitragen, zu erklären, wie sich Störungen wie Jetlag und die Umstellung auf die Sommerzeit auf den Tagesrhythmus und die Muskelregeneration auswirken.
Circadiane Rhythmen und Muskelregeneration
„In jeder unserer Zellen haben wir Gene, die die molekulare circadiane Uhr bilden“, sagte Peek. „Diese Uhrgene kodieren eine Reihe von Transkriptionsfaktoren, die viele Prozesse im gesamten Körper regulieren und sie auf die entsprechende Tageszeit abstimmen. Dinge wie Schlaf-/Wachverhalten, Stoffwechsel, Körpertemperatur und Hormone – all dies ist circadian.“ Frühere Untersuchungen des Peek-Labors ergaben, dass Mäuse Muskelgewebe schneller regenerieren, wenn der Schaden während ihrer normalen Wachzeiten auftritt. Wenn Mäuse während ihrer üblichen Schlafzeiten Muskelschäden erlitten, verlangsamte sich die Heilung. In der aktuellen Studie versuchten Peek und ihre Mitarbeiter besser zu verstehen, wie die circadianen Uhren in den Muskelstammzellen die Regeneration in Abhängigkeit von der Tageszeit steuern.
Für die Studie führten Peek und ihre Mitarbeiter eine Einzelzellsequenzierung von verletzten und unverletzten Muskeln bei Mäusen zu verschiedenen Tageszeiten durch. Sie fanden heraus, dass die Tageszeit die Entzündungsreaktion in den Stammzellen beeinflusst, die den Neutrophilen – den „Ersthelfern“ unter den angeborenen Immunzellen bei der Muskelregeneration – signalisieren. Die Forscher haben festgestellt, dass die Signale der Zellen untereinander direkt nach der Verletzung viel stärker waren, wenn die Mäuse während ihrer Wachphase verletzt wurden. Das war eine spannende Erkenntnis und ist ein weiterer Beweis dafür, dass die circadiane Regulation der Muskelregeneration durch diesen Dialog zwischen Stammzellen und Immunzellen gesteuert wird. Die Wissenschaftler stellten fest, dass die Uhr der Muskelstammzellen auch die NAD+-Produktion nach einer Verletzung beeinflusste. NAD+ ist ein in allen Zellen vorkommendes Coenzym, das für die Energieerzeugung im Körper unerlässlich ist und an Hunderten von Stoffwechselprozessen beteiligt ist. Als Nächstes fand das Wissenschaftlerteam mithilfe eines genetisch manipulierten Mausmodells, das die NAD+-Produktion speziell in Muskelstammzellen steigerte, heraus, dass NAD+ Entzündungsreaktionen und die Rekrutierung von Neutrophilen induziert und so die Muskelregeneration fördert.
Spannendes Forschungsfeld
Die Ergebnisse könnten laut den Forschern besonders relevant für das Verständnis der Störungen des circadianen Rhythmus sein, die im Zusammenhang mit Alterung und Fettleibigkeit auftreten. Circadiane Störungen im Zusammenhang mit Alterung und metabolischen Syndromen wie Fettleibigkeit und Diabetes stehen auch mit einer verminderten Muskelregeneration in Zusammenhang. Jetzt könnte man laut den Experten die Fragen stellen: Tragen diese circadianen Störungen zu einer schlechteren Muskelregenerationsfähigkeit unter diesen Bedingungen bei? Wie wirkt sich das auf das Immunsystem aus?
In Zukunft hoffen Peek und ihre Mitarbeiter, genau zu ermitteln, wie NAD+ Immunreaktionen auslöst und wie diese Reaktionen bei Krankheiten verändert werden. Ein Großteil der circadianen Biologie konzentriert sich auf molekulare Uhren in einzelnen Zelltypen und in Abwesenheit von Stress. Bis vor kurzem hatten die Forscher nicht die Technologie, um Zell-Zell-Interaktionen ausreichend zu untersuchen. Zu verstehen, wie verschiedene circadiane Uhren unter Stress- und Regenerationsbedingungen interagieren, ist wirklich eine spannende neue Herausforderung.