Forschungen machen immer häufiger deutlich, dass Männer und Frauen, abgesehen von den offensichtlichen anatomischen Unterschieden, in vielerlei Hinsicht unählich sind. Laut zahlreichen Studien stellt das Schlaf hier keine Ausnahme dar. Es gibt leichte Abweichungen in den circadianen Rhythmen von Männern und Frauen, die einen erheblichen Einfluss auf den Tagesablauf haben können. Außerdem existieren signifikante Unterschiede zwischen den Geschlechtern dahingehend, wie oft bestimmte Schlafstörungen auftreten. Was genau sind also die Schlafunterschiede zwischen Frau und Mann? Was den Schlaf betrifft, gibt es fünf Schlüsselbereiche, in denen die Geschlechter verschiedene Gewohnheiten und Risiken haben.
1. Bei den inneren Uhren von Mann und Frau gibt es geringfügige Unterschiede
Grundsätzlich laufen unsere circadianen Rhythmen gleich, egal ob bei Mann oder Frau. Verschiedene Zellen unseres Körpers können durch einige Faktoren wie Helligkeit und Bewegung die Tageszeit feststellen. Diese Reize werden durch den suprachiasmatischen Nucleus (SCN) des Hypothalamus koordiniert, der unseren Körper in Folge Melatonin, Cortisol und andere Hormone, die den Schlaf und den Wachzustand steuern, ausschütten lässt. Es gibt jedoch einige Unterschiede im Grundtakt der inneren Uhren zwischen den Geschlechtern.
Zunächst laufen die inneren Uhren einer Frau in einem Zeitintervall von knapp unter 24 Stunden. Das liegt wohl daran, dass der circadiane Rhythmus des weiblichen Geschlechts ein wenig kürzer ist – um circa sechs Minuten. Auch wenn dies vielleicht nicht nach einer hohen Abweichung klingt, können sich dadurch starke Schwankungen im Schlafverhalten zeigen. Außerdem könnte das der Grund für einen anderen sehr wichtigen Unterschied in unseren circadianen Rhythmen sein: Frauen gehen meist früher zu Bett und stehen früher auf. Generell sind Frauen morgens aktiver als abends, was uns wiederum zur nächsten wichtigen Abweichung führt.
2. Frauen brauchen mehr Schlaf als Männer
Der Forscher Dr. Jim Horne, der führende Schlafexperte Großbritanniens, behauptet, dass Frauen mehr Schlaf benötigen als Männer – und zwar im Durchschnitt 20 Minuten. Da einer der Hauptzwecke des Schlafs darin besteht, dem Gehirn die Möglichkeit zur Erholung und Reparatur zu geben, braucht unser Denkapparat umso mehr Erholungszeit – und mehr Schlaf – je stärker wir es tagsüber beanspruchen. Laut Dr. Horne, „betreiben Frauen häufiger Multitasking – sie machen viel gleichzeitig und sind flexibel – und somit benutzen sie ihr Gehirn intensiver als Männer. Deshalb benötigen sie auch mehr Schlaf.“
3. Männer sind häufiger Nachtmenschen, Frauen eher Frühaufsteher
Die Unterschiede in der Zeitsteuerung unserer inneren Uhren trägt wahrscheinlich zu einem grundlegenden Phänomen bei, das viele Menschen schon einmal beobachtet haben: Männer sind abends produktiver, während Frauen eher Frühaufsteher sind. Frauen sind tagsüber auch schläfriger. Dies kann immensen Einfluss darauf haben, wie Menschen ihr Leben und ihre Zeit gestalten und sogar die Aktivitäten von Familien beeinträchtigen. Es gibt jedoch ein paar Maßnahmen, die uns dabei helfen, besser damit zurechtzukommen. Viele Frauen profitieren von heller Beleuchtung am späten Abend, um den Schlaf noch ein wenig hinauszuzögern, wohingegen Männer das Licht eher früh am Morgen benötigen.
Dies hat auch Auswirkungen darauf, wie wir mit Herausforderungen, die unseren circadianen Rhythmus betreffen, unter anderem mit Jetlag oder der Zeitumstellung, umgehen. Frauen passen sich besser Veränderungen an, die zum früheren Einschlafen und Aufstehen führen, womit Männer eher Probleme haben. Generell scheint das schwache Geschlecht besser mit Schlafentzug und Jetlag zurechtzukommen.
4. Für Männer ist das Risiko höher, von verschiedenen Schlafstörungen betroffen zu sein
Auch wenn beide Geschlechter von Zeit zu Zeit unter Schlafproblemen leiden, gibt es feine Unterschiede betreffend der Ursachen. Frauen leiden öfter unter Schlaflosigkeit, also Problemen beim Ein- und/oder Durchschlafen. Da Östrogen den Schlafrhythmus beeinflusst, haben Frauen häufiger Schlafstörungen während der Pubertät, Schwangerschaft oder Menopause; Zeiten, in denen sich der Hormonspiegel schnell verändert.
Männer hingegen sind fast doppelt so häufig von einer Schlafapnoe betroffen, einer lebensbedrohlichen Krankheit, bei der nachts für kurze Zeiträume die Atmung aussetzt. Das liegt wahrscheinlich an der grundlegenden anatomischen Tatsache, dass Männer häufiger Fettspeicher an Hals und Nacken besitzen, die das Atmen erschweren. Schlafapnoe kann lautes, störendes Schnarchen auslösen – eine häufige Beschwerde, wenn sich Partner ein Schlafzimmer teilen. Außerdem kann sie am Tag zu starker Müdigkeit führen und zu einem erhöhten Risiko, Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu entwickeln. Die gute Nachricht ist jedoch, dass Schlafapnoe behandelbar ist und es daher keinen Grund gibt, getrennte Schlafzimmer zu beziehen. Schlafstörungen bei Frauen wiederum können aufgrund anderer zentraler Unterschiede zwischen den Geschlechtern nicht so einfach behandelt werden.
5. Männer und Frauen sprechen unterschiedlich auf Schlafmittel an
Jene Medikamente, die am häufigsten bei Schlaflosigkeit Anwendung finden, werden als Hypnotika bezeichnet, worunter auch die beliebten Schlafmittel Ambien (in Deutschland als Stilnox auf dem Markt) und Lunesta (nur in den USA) fallen. Forschungen ergaben jedoch, dass diese Medikamente bei Männern und Frauen nicht identisch wirken. Frauen verstoffwechseln Hypnotika langsamer, was bedeutet, dass sie nicht gefahrlos eine genauso hohe Dosis wie Männer einnehmen können. Tatsächlich wird der Wirkstoff Zolpidem Männern in Dosen von bis zu 10 mg verabreicht, Frauen aber nur in Dosen von bis zu 5 mg. Zusätzlich zum Unterschied bei der Verstoffwechslungsrate, zeigten Studien an Ratten, dass diese Medikamente bei Männern und Frauen auch verschiedene Wirkmechanismen haben.
Die genannten Unterschiede können zu äußerst unterschiedlichen Zeitplänen und Herausforderungen im Hinblick auf einen gesunden Schlaf führen. Es gibt jedoch keinen Grund, warum das Schlafzimmer zum Schlachtfeld werden sollte. Trotz der Diskrepanz dahingehend, wie und wann wir schlafen, ist das Wichtigste, dass Sie und Ihr Partner sich an einen geregelten Zeitplan halten, und aureichend Erholung finden.