Der circadiane Rhythmus ist Thema zahlreicher Studien, doch stellt es in vielerlei Hinsicht noch immer ein Mysterium dar. Während Wissenschaftler viele der Zellproteine, die im circadianen Rhythmus involviert sind sowie mehrere Gene, die zu einem gesunden Rhythmus beitragen, identifiziert haben, war das ‚Meister-Uhr‘-Gen auch weiterhin schwer zu erfassen. Eine aktuelle Chronobiologiestudie an Ratten deutet jedoch darauf hin, dass das Zfhx3- bzw. Zink-Finger-Homöobox-3-Gen, das Meistergen sein könnte, das diesen wichtigen biologischen Rhythmus, bzw. die innere Uhr, diktiert.
Die circadiane Uhr tickt weiter
Der circadiane Rhythmus diktiert nicht nur die Schlaf-Wach-Zyklen, sondern auch eine Vielzahl von lebensnotwendigen Gesundheitsprozessen, wie DNS-Reparaturen. Es gibt viele Umweltsignale, bzw. Zeitgeber, welche die innere Uhr beeinflussen. Diese umfassen mitunter die Temperatur und das Licht. Licht stellt einen besonders wichtigen Zeitgeber dar. Unsere Netzhaut spürt die Lichtstärke und –intensität und leitet diese Informationen an den suprachiasmatischen Nukleus des Gehirns weiter, der in Folge verschiedenen Drüsen mitteilt, dass sie Melatonin, Cortisol und weitere Hormone, die mit Schlaf und Wachsein in Verbindung gebracht werden, herstellen sollen.
Es ist fast unmöglich, den circadianen Rhythmus zu verändern und wir unterbrechen diesen nur mit verheerenden Gesundheitsfolgen. Die Dickköpfigkeit unserer inneren 24-Stunden Uhr stellt ein großes Gesundheitsproblem für den modernen Menschen dar, der häufig Tages- und/oder Nachtabläufe hat, die einer guten Nachtruhe im Weg stehen. Außerdem finden Menschen, die Störungen des circadianen Rhythmus aufweisen, häufig kein Heilmittel, sondern lediglich Behandlungen, die ihnen dabei helfen, ihr Leben ein wenig einfacher zu machen.
Wenn Ihr circadianer Rhythmus gestört wurde
Ein nennenswertes Beispiel dafür, wie moderne Abläufe dem eignen circadianen Rhythmus in die Quere kommen können, ist die Schichtarbeit. Millionen von Menschen arbeiten in Abend- oder Nachtschichten und schaden damit ihrer Gesundheit. Viele Schichtarbeiter schaffen es gar nicht, sich komplett diesen unnatürlichen Abläufen anzupassen und leiden unter gestörtem Schlaf und Müdigkeit. Zudem weisen sie eine höhere Rate an Diabetes, Fettleibigkeit, Herzerkrankungen und eine Vielzahl von Gesundheitsproblemen auf. Schichtarbeit wurde von vielen großen Gesundheitsorganisationen, wie der Weltgesundheitsorganisation, als Kanzerogen bezeichnet. Der menschliche Körper passt sich niemals wirklich an Zeiten an, die nicht mit seiner inneren Uhr übereinstimmen.
Das Schlafphasensyndrom ist ein weiterer Fall, bei dem der unflexible circadiane Rhythmus zu Gesundheitsproblemen führen kann. Menschen, die von dieser Erkrankung betroffen sind, haben Schwierigkeiten damit, bis spät in die Nacht einzuschlafen, was zu Problemen beim Aufwachen am nächsten Morgen führt. Auch wenn es Behandlungen wie Melatoninergänzungsmittel und spezielle Ernährungsweisen gibt, die dabei helfen können, diese Erkrankung in den Griff zu bekommen, bedeutet sie dennoch einen lebenslangen Kampf für jene, die darunter leiden. Die circadiane Uhr kann nicht einfach zurückgedreht werden.
Ratten haben circadiane Rhythmen, die denen des Menschen ähnlich sind und können ebenfalls von circadianen Schlafstörungen betroffen sein. Aus diesem Grund werden Ratten häufig für Untersuchungen im Bereich der Chronobiologie herangezogen. In diesem Fall könnten wir jenes Gen identifiziert haben, das hinter dem circadianen Rhythmus steckt, indem das Genom von Ratten geordnet wurde, die unter Non-24 (Schlaf-Wach-Störung mit Abweichung vom 24-Stunden-Rhythmus) leiden, eine Erkrankung, die auch bei Menschen vorkommt.
Ratten mit Schlafstörungen und das Zfhx3-Gen
So wie die meisten Säugetiere, haben Ratten eine Vielzahl von inneren Uhren, mitunter die circadiane, bzw. 24-Stunden Uhr. Um den circadianen Rhythmus besser zu verstehen, nahmen Forscher eine Gruppe von Ratten her, die keinen 24 Stunden Schlaf-Wach-Zyklus hatten und untersuchten ihre Gehirne sowie ihre DNS. Diese Ratten wiesen alle einen ‚Kurzschluss‘ in ihren circadianen Rhythmen auf, der dafür sorgte, dass sie kürzere Schlaf-Wach-Zyklen hatten als die normalen 24 Stunden. Sie lebten nicht im Einklang mit natürlichen Licht-Dunkel-Zyklen, weswegen sie zu sich andauernd verändernden Tageszeiten schliefen und aktiv waren.
Die genomische Sequenzierung deckte auf, dass jene genetische Mutation, die alle Ratten gemeinsam hatten, eine bestimmte Mutation des Zfhx3-Gen war. Zudem zeigten weitere Untersuchungen des Gehirngewebes, dass all diesen Ratten bestimmte Neurotransmitter fehlten, die Informationen zwischen dem suprachiasmatischen Nukleus und der Zirbeldrüse übermitteln, die Melatonin ausschüttet.
Zfhx3: Wie unsere innere Uhr arbeitet
Diese Mutation des Zfhx3-Gens scheint den suprachiasmatischen Nukleus davon abzuhalten mit der Zirbeldrüse zu kommunizieren, indem sie die Produktion von Neurotransmittern stoppt, die Nachrichten übertragen. Dies ist jedoch nicht das erste Mal, dass Zfhx3 in eine Erkrankung verwickelt ist. Mutationen dieses Gens wurden mit einer Reihe von Erkrankungen in Verbindung gebracht, wie z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schizophrenie. Diese Erkrankungen wurden alle wiederum mit Störungen des circadianen Rhythmus assoziiert. Zfhx3 und der gestörte circadiane Rhythmus, der durch eine Mutation in diesem Gen verursacht wird, könnten jenen Faktor darstellen, der eine Vielzahl von Gesundheitsproblemen verbindet, die scheinbar nicht miteinander verwandt sind, aber dennoch miteinander in Zusammenhang stehen.
Den circadianen Rhythmus und andere Aspekte der menschlichen Chronobiologie zu begreifen ist äußerst wichtig, um den menschlichen Körper zu verstehen. Der circadiane Rhythmus und weitere innere Uhren sind fest mit einer Vielzahl von Zellprozessen verbunden, die sowohl Gesundheits- als auch Krankheitsrisiken beeinflussen. Die Identifizierung des Gens, das hinter dem circadianen Rhythmus steckt, eröffnet neue Wege der Erforschung und Behandlung, um Menschen ein längeres und gesünderes Leben zu ermöglichen.