Die Übergewichtsepidemie ist eine der am schnellsten wachsenden Bedrohungen für das Gesundheitswesen. Mehr als 70% aller amerikanischen Erwachsenen sind derzeit übergewichtig oder fettleibig. Auch andere Länder sind dabei, schnell aufzuschließen; in Europa zeigt sich bei 58 Prozent der erwachsenen Bevölkerung Übergewicht oder Fettleibigkeit. Damit ergibt sich auch ein höheres Risiko für eine Vielzahl von eigentlich vermeidbaren Erkrankungen. Trotz der immer stärker wachsenden Diätindustrie nehmen die Menschen in der westlichen Welt weiter zu. Liegt das wirklich nur an der ungesunden Ernährung? Neue Forschungen zeigen, dass dieser gefährliche Trend nicht nur durch Essensgewohnheiten verursacht wird, sondern auch durch die Veränderung unserer Darmbakterien.
Die Verbindung zwischen Darmbakterien und Gewichtszunahme
Viele größere Studien haben Darmbakterien mit einer Gewichtszunahme in Verbindung gebracht. Mäuse, deren Ernährung sehr kalorienreich ist, nehmen viel eher zu, wenn bei ihren Darmbakterien ein Ungleichgewicht herrscht. Auch Menschen leiden häufiger an Fettleibigkeit, wenn sich in ihrem Darm viele Firmicutesbakterien befinden. Unser Mikrobiom ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Gesundheit, und deswegen kann so ein Ungleichgewicht auch zu einer Malabsorption von Vitaminen führen sowie zu Müdigkeit, Depressionen und vielen anderen verbreiteten Erkrankungen.
Das ist maßgeblich, da sich der menschliche Magen-Darm-Bakterienhaushalt, auch bekannt als unser Mikrobiom, schnell verändert. Kulturen, die viele Vollkornprodukte und Gemüse verzehren, haben andere Bakterien im Darm. Wenn sich unsere Essgewohnheiten ändern, reagieren auch unsere Darmbakterien rasch und verändern sich. Bei unserer Ernährung entscheiden wir nicht nur, wie viele Kalorien wir zu uns nehmen, sondern auch, wie diese Kalorien verarbeitet werden. Aber wie können Darmbakterien eine Gewichtszunahme oder sogar Fettleibigkeit verursachen? Der circadiane Rhythmus unseres Magen-Darm-Trakts könnte das fehlende Glied sein.
Der angeborenen Rhythmus unseres Magen-Darm-Trakts
Wie alle Organsysteme, besitzt auch unser Magen-Darm-Trakt einen eigenen circadianen Rhythmus. Der Takt wird zum Teil durch äußere Faktoren vorgegeben, besonders von den Uhrzeiten, zu denen wir essen. Dies wiederum beeinflusst die Darmbakterien. Bakterien, sind genau wie Menschen, gemäß ihrer inneren Uhr zu gewissen Zeiten am aktivsten. Wenn wir essen, müssen sie auch „essen“.
Indem wir unsere Essenszeiten oder unseren Schlafrhythmus verändern, verursachen wir auch dramatische Veränderungen bei den circadianen Rhythmen unserer Darmbakterien. Manche Bakterienkulturen florieren aufgrund dieser Veränderungen und können schnell zu den dominierenden Bakterien in unserem Darm werden, wenn wir unseren Schlafrhythmus schnell ändern. In diesem Fall tragen die Bakterien wohl zur Gewichtszunahme und zu Fettleibigkeit bei. Bis vor kurzem glaubte man, dass dies die Verbindung zwischen Jetlag und Gewichtszunahme sei. Neue Studien ergaben jedoch, dass die Bakterien selbst den circadianen Rhythmus unseres Darms genauso beeinflussen, wie unsere innere Uhr.
Können die Darmbakterien die „Herrschaft“ über den circadianen Rhythmus an sich reißen?
Wissenschaftler untersuchten, wie eine fettreiche Ernährung zwei Mäusepopulationen beeinflusst: es gab eine Population mit einem typischen Mikrobiom, und einer gezüchteten Population ohne jegliche Magen-Darm-Bakterien. Die Mäuse ohne Bakterien konnten viel besser mit der ungesunden Ernährung umgehen als die andere Gruppe. Die Auswertung der Experten ergab, dass dies an einem Darmprotein namens NFIL3 zu liegen scheint.
Jene Mäuse mit dem normalen Mikrobiom besaßen eine höhere Anzahl an dem Protein NFIL3. NFIL3 ist ein wichtiger Auslösereiz für den Darm, welches ihm die Information gibt, wie viel Fett er aufnehmen soll. Es wird periodisch ausgeschüttet, was unserem circadianen Rhythmus hilft, die Essenszufuhr zu regulieren. Die Mäuse ohne Bakterien produzierten extrem wenig NFIL3 und nahmen deswegen nur sehr wenig Fett trotz der fettreichen Ernährung auf. Die Darmbakterien regen anscheinend die NFIL3-Produktion an, egal zu welcher Tageszeit, und reißen damit die Kontrolle über den circadianen Rhythmus des Darmkanals an sich. Diese ungehinderte Fettaufnahme könnte also einer der Mechanismen sein, weswegen manche Darmbakterien zu einer Gewichtszunahme führen.
So bauen Sie einen gesunden Magen-Darm-Trakt auf
Der Erhalt eines gesunden und vielfältigen Mikrobioms ist der Schlüssel zur Gesundheit des gesamten Körpers und einem angemessenen Gewicht. Wenn Sie damit kämpfen, gesunde Darmbakterien zu entwickeln, sehen Sie sich die folgenden Strategien an:
- Nehmen Sie viele Ballaststoffe zu sich, besonders solche aus pflanzlichen Lebensmitteln wie Vollkorn, Obst und Gemüse.
- Verzichten Sie auf verarbeitete Nahrungsmittel wie weißen Zucker, da diese das Wachstum der weniger gesunden Bakterien fördern.
- Essen Sie fermentierte Lebensmittel wie Joghurt oder Sauerkraut.
- Nehmen Sie weniger Säureblocker und andere Medikamente ein, die die Gesundheit der Darmbakterien stören.
- Achten Sie auf einen geregelten Schlafrhythmus, da auch dieser den Bakterienhaushalt beeinflussen kann.
- Ziehen Sie in Betracht, täglich probiotische Nahrungsergänzungen zu sich zu nehmen, um die Zufuhr von nützlichen Bakterien aufrechtzuerhalten.
Diese einfachen Änderungen Ihrer Gewohnheiten können Ihr Mikrobiom verbessern, weil dadurch die richtigen Bakterien in Ihren Darm gelangen, während das Wachstum von Bakterien, die zu Fettleibigkeit führen, verhindert wird.
Für viele Menschen in der westlichen Welt ist die Ernährung zu einem Teufelskreis geworden. Unser fehlregulierter circadianer Rhythmus verändert jene Bakterien, die wiederum den circadianen Rhythmus beeinflussen. Dies kann zu Fettleibigkeit und anderen gefährlichen Erkrankungen führen. Es gibt jedoch Hoffnung. Sie können eine Balance in Ihrem Darm herstellen und damit beeinflussen, wie Ihr Körper die Nahrung verstoffwechselt, und so den Teufelskreis ein für alle Mal stoppen.