Warum werden die meisten Menschen müde, sobald die Sonne untergeht? Forschungen zum Thema Helligkeit und Schlaf geben uns neue Einblicke in die innere Funktionsweise unseres circadianen Rhythmus.
Sind Sie schon einmal aufgewacht, weil jemand das Licht eingeschaltet hat? Schlafen Sie schwerer ein, wenn der Fernseher läuft? Wenn ja, erleben Sie ein Phänomen, das alle tagaktiven Tiere betrifft: Licht hält tagaktive Tiere, also jene, die während des Tages wach sind und nachts schlafen, wach und aufmerksam. Das trifft auch auf Menschen, tagaktive Säugetiere und viele Fischarten zu. Aber warum genau hat Licht diese Auswirkung auf uns? Neue Forschungen zum Thema Licht und unser circadianer Rhythmus decken auf, welche Neuronen und Hormone dabei involviert sind.
Die inneren Einschlafmechanismen
Es gibt viel, was wir noch immer nicht über den Schlaf wissen, aber uns ist der allgemeine Ablauf des Einschlafprozesses bekannt. Zuerst werden wir müde, dann sinken wir in die Schlafphase 1, in der wir unsere Umgebung noch immer wahrnehmen. Bei einer Person in Phase 1 verlangsamen sich allmählich Herzfrequenz und Hirnwellen, bis sie Phase 2 erreicht, den leichten Schlaf. Der leichte Schlaf beinhaltet sehr langsame Hirnwellen mit gelegentlichen Aktivitätsschüben. Dann tritt Phase 3 ein, die auch als Tiefschlaf bekannt ist. In dieser Phase findet hauptsächlich die Wiederherstellung von Zellen und die eigentliche Erholung statt. Es gibt noch eine letzte Schlafphase, die sogenannte REM-Phase, jene Phase, in der wir träumen.
Die ganze Nacht hindurch wechselt unser Gehirn zwischen verschiedenen Schlafphasen. Jede Phase spielt eine besondere Rolle, damit wir ausgeruht und erfrischt aufwachen. Während der REM-Phase speichern wir zum Beispiel Erinnerungen, sie soll auch für andere kognitive Funktionen wichtig sein. Im Tiefschlaf der Phase 3 erneuern sich die Zellen unseres Körpers, wobei die Stoffwechselaktivität verringert wird, Stoffwechselabbauprodukte abtransportiert, und Schäden an der DNA repariert werden. Aber welche Rolle spielt das Licht in diesem komplexen Rhythmus des Gehirns?
Licht und Schlaf: Die Verbindung verstehen
Unser Körper ist darauf eingestellt, Licht wahrzunehmen und darauf zu reagieren. Wenn Licht von Zellen unserer Netzhaut, auch Melanopsin genannt, wahrgenommen wird, werden Signale an den suprachiasmatischen Nucleus (SCN) geschickt. Dieser ist ein Teil des Hypothalamus im Gehirn und ordnet Signale ein und fungiert als Haupttaktgeber des circadianen Rhythmus. Licht ist ein starker Auslösereiz, das dem Körper signalisiert, dass er wach bleiben soll und gilt als einer der Hauptregler des circadianen Rhythmus. Zum Beispiel werden Schlafhormone wie Melatonin in Abwesenheit von Licht gebildet.
Wie wichtig ist Licht beim Einschlafprozess? Forscher beobachteten Mäuse, denen das Gen für Melanopsin fehlte, und die aufgrunddessen nicht dazu in der Lage waren, Botschaften in Bezug auf das Licht an das Gehirn zu senden. Die Mäuse verhielten sich lange Zeit, als ob es dunkel wäre (was mehr Aktivität bedeutet, da sie nachtaktiv sind) und hatten Probleme, einzuschlafen. So haben etwa Menschen, denen Melanopsinrezeptoren fehlen oder die Augenschäden aufweisen, ebenfalls Probleme, ihren Schlaf-Wach-Rhythmus zu regulieren.
Der Zebrafisch und das menschliche Gehirn
Kürzlich entschieden sich Wissenschaftler dazu, genauer zu beleuchten, wie Licht unseren Schlaf-Wach-Rhythmus beeinflusst. Dazu betrachteten sie Zebrafische, an denen in der Forschung oft Dinge erprobt werden. Dies liegt daran, dass die Fische durchsichtig sind und man deshalb die Vorgänge im Inneren beobachten kann, und keine invasive Bildgebung nötig ist. Zebrafische sind zudem tagaktiv und haben fast den gleichen Schlaf-Wach-Rhythmus wie Menschen. Diese Fische wurden so gezüchtet, dass sie übermäßig viel Prok2 produzieren, ein Protein, das für die Regulierung des circadianen Rhythmus wichtig sein soll. Zebrafische, die einen Überschuss an Prok2 hergestellt hatten, wiesen eine genauere circadiane Aktivität auf – und zwar waren sie während der Tagesstunden extrem aktiv und schliefen mehr, als es dunkel wurde. Diese Reaktion schien besonders von der Lichtstärke abzuhängen, da die Verbindung weiter bestand, auch wenn andere Umgebungsfaktoren verändert wurden.
Wir wissen jetzt, dass Prok2 essentiell für unseren Schlaf-Wach-Rhythmus ist. Dies kann immense Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben. Millionen von Menschen leiden unter circadianen Störungen, die mit Medikamenten, die Prok2 enthalten oder sogar mit einer Nachbildung des Proteins, therapiert werden könnten. Diese Entdeckung bietet neue Hoffnung für Menschen, die aufgrund dieser Erkrankungen mit Müdigkeit, Erschöpfung und Schlafstörungen leben müssen, für die es derzeit keine effektive Behandlung gibt.
So bekommen Sie genügend Schlaf
Helligkeit und Dunkelheit sind äußerst wichtig, was die Regulierung des Schlafs anbelangt, und können unsere Schlafgewohnheiten beeinflussen. Wenn Sie damit kämpfen, genügend erholsamen Schlaf zu bekommen, gibt es einige Maßnahmen, mithilfe derer Sie diese Verbindung zu Ihrem Vorteil nutzen könnten:
- dimmen Sie das Licht in Ihrem Zuhause etwa eine Stunde vor dem Schlafengehen
- meiden Sie Bildschirme, auch Ihr Smartphone, bevor Sie zu Bett gehen
- denken Sie über die Einnahme einer Melatonin-Ergänzung nach
- setzen Sie sich hellem Tageslicht aus, besonders in Zeiten, in denen Sie besonders wach sein wollen
Das Thema Schlaf ist anscheinend komplizierter, als wir einst dachten – und auch abhängiger von Helligkeits- und Dunkelheitsstufen. Diese Forschungsergebnisse unterstreichen, dass Sie kontrollieren sollten, wie viel Zeit Sie im Tageslicht verbringen, um sicherzustellen, dass Sie tagsüber wach und nachts müde sind. Das kann ganz schön schwierig sein, da in der modernen Welt auch nachts überall Licht und Bildschirme eingeschaltet sind. Auch wenn wir vielleicht schon bald Medikamente entwickeln könnten, die die neurologischen Effekte von Helligkeit und Dunkelheit simulieren, bleibt uns derzeit keine andere Möglichkeit, als unsere Umgebung zu verändern.