Ärzte und medizinische Wissenschaftler wissen seit langem, dass Jahreszeiten die Stimmung beeinflussen können. Forscher der Chronobiologie haben vor kurzem den eigentlichen Grund hierfür ausfindig gemacht.
Jahreszeitlich bedingte Depression, bzw. SAD, betrifft viele Menschen. Eine Untersuchung im Bereich der circadianen Biologie legt nahe, dass vier von sechs Menschen mittlere bis schwere Formen dieser Erkrankung aufweisen, wobei bis zu einer von fünf Menschen eine leichte Version hiervon hat. Personen mit SAD leiden an Depressionen und einer Vielzahl von negativen Symptomen, die von der Jahreszeit abhängen, wobei sie am meisten bei kaltem, dunklem Wetter aufkommen.
Obwohl die jahreszeitlich bedingte Depression als weitläufige und oft schwerwiegende Erkrankung angesehen wird, haben Wissenschaftler erst vor kurzem die Pathophysiologie, bzw. biologische Grundlage, dieser lähmenden Krankheit identifiziert.
Ursachen von SAD: Neue Fragen, neue Antworten
Die jahreszeitlich bedingte Depression wird zurzeit anhand von Symptomen diagnostiziert. Bei Menschen, die über Depressionen, Müdigkeit sowie Veränderungen des Schlafmusters und des Gewichts klagen, die ausschließlich in einer Jahreszeit auftreten, liegt die Vermutung nahe, dass diese an SAD leiden. Eine aktuelle Untersuchung hat jedoch gezeigt, dass es für diese Erkrankung einen leicht ausfindig zu machenden physiologischen Grund gibt.
Lichtverhältnisse beeinflussen das Gehirn und somit den Rest des Körpers. Im Winter spürt unser Gehirn, dass es weniger Licht gibt und reagiert darauf mit einer erhöhten Produktion von Melatonin. Im Sommer passiert genau das Gegenteil. Melatonin ist jedoch nicht das einzige Hormon, das durch diese Änderung der Lichtverhältnisse betroffen ist. Forscher verwendeten PET-Scans, eine spezielle Technologie, die es ihnen ermöglicht, die Aktivität von Rezeptoren im Gehirn zu veranschaulichen, um genauer zu begutachten, wie die Gehirne von Menschen mit SAD auf Veränderungen des Lichts reagieren. Sie fanden heraus, dass Betroffene bei dunklem Wetter mehr Serotonintransporter aufweisen als andere Menschen. Diese Transporter entfernen Serotonin aus dem Blutkreislauf.
Personen, die keine jahreszeitlich bedingte Depression bekommen, weisen zwischen den verschiedenen Jahreszeiten keinen signifikanten Unterschied bei der Anzahl von Serotonin auf. Da Serotonin auf eine Reihe biologischer Prozesse, vom Glücklichsein bis hin zum Hungergefühl wirkt, mag dies vielleicht viele der Symptome erklären, die hinter SAD stecken.
Wie man die jahreszeitlich bedingte Depression behandelt
Die jahreszeitlich bedingte Depression wurde lange Zeit mit Lichttherapie und Melatonin behandelt. Personen mit dieser Erkrankung verwenden Licht, um ihr Gehirn davon zu überzeugen, dass noch immer Sommer ist. Da Licht die Melatoninwerte beeinflussen kann, nehmen viele dieses Hormon auch nachts, damit sie den nötigen Schlaf bekommen, den sie brauchen, um sich tagsüber ausgeruht zu fühlen. Für manche Menschen kann beides zusammen – die Symptome von SAD lindern.
Die Entdeckung von Serotonin als Faktor von SAD eröffnet jedoch ganz neue Möglichkeiten der Behandlung. Diejenigen, die unter hartnäckigeren Fällen von SAD leiden, könnten davon profitieren, wenn sie ausgewählte Serotonin-Wiederaufnahmehemmer einnehmen. Diese geläufige Medikamentenklasse, die auch als SSRIs bezeichnet wird, hindert Serotonintransporter dabei so effizient zu funktionieren, was zu höheren Werten dieser notwendigen Chemikalie im Gehirn und Blutkreislauf führt.
Wer bekommt SAD?
Die jahreszeitlich bedingte Depression wurde schon lange bei Erwachsenen, vor allem bei erwachsenen Frauen festgestellt. Untersuchungen legen jedoch nahe, dass auch Kinder Opfer dieser Erkrankung werden könnten. SAD ist bei Kindern weiter verbreitet als bislang angenommen, vor allem bei Mädchen und jenen, die auf die Pubertät zusteuern. Sie zeigt sich jedoch bei Kindern anders. Kinder mit SAD zeigen häufig Anzeichen von ADHS, anstatt klassische Anzeichen einer Depression. Anstatt müde und deprimiert zu sein, könnten sie angespannt sein und Konzentrationsprobleme haben. Diese Kinder zu identifizieren und zu behandeln, kann bewirken, dass sie sowohl in der Schule als auch zuhause besser arbeiten.
Sobald sie erkannt wurde, kann die jahreszeitlich bedingte Depression häufig erfolgreich therapiert werden. Deshalb ist es so wichtig, zu lernen, wie man jene erkennt, die darunter leiden, um Frustration und unglückliche Gefühle verhindern zu können. Zusätzlich führt das Lernen über die biologische Grundlage dieser Erkrankung durch chronobiologische Forschung zu besseren und zielgerichteteren Therapiemöglichkeiten. Eines Tages könnten wir in der Lage sein, diese Erkrankung besser zu entdecken, um sie in Folge effektiver zu behandeln, damit alle Menschen jede Jahrezseit ohne unangenehme physische und emotionale Symptome genießen können.