Bei immer mehr Menschen in den Industrienationen wird Jahr für Jahr eine Autoimmunkrankheit diagnostiziert. Obwohl uns die moderne Medizin neue Behandlungs- und sogar Heilungsmöglichkeiten für viele verschiedene Krankheiten bietet, gibt es kaum Therapien, die bei Autoimmunerkrankungen Abhilfe schaffen können. Eine neue Studie darüber, wie die Tageszeit die Symptome von Autoimmunkrankheiten beeinflusst, könnte nun für neue Behandlungsmöglichkeiten bei dieser komplexen und immer häufiger auftretenden Krankheitsgruppe sorgen.
Was ist die Ursache für Autoimmunkrankheiten?
Auch wenn wir nicht genau wissen, wieso manche Menschen eine Autoimmunerkrankung entwickeln, verstehen wir einen Großteil der Krankheitsbilder. Autoimmunkrankheiten treten auf, wenn das körpereigene Immunsystem das eigene Gewebe angreift. Lupus, Morbus Crohn, Hashimoto-Thyreoiditis und rheumatoide Arthritis sind verbreitete Autoimmunerkrankungen, bei denen die charakteristischen Antikörper im Blutkreislauf zu finden sind. Auch wenn sich die Symptome dieser Krankheiten unterscheiden, wird am häufigsten von Schmerzen, Müdigkeit und Fieber berichtet.
Die Behandlung von Autoimmunkrankheiten stellt jedoch eine immense Herausforderung dar. Es gibt zahlreiche Medikamente, die die Aktivität des Immunsystems senken. Dadurch können die Patienten jedoch einem Risiko für Krebs und Infektionen ausgesetzt sein. Außerdem werden Entzündungshemmer eingesetzt, die eine lange Liste ernsthafter Nebenwirkungen mit sich bringen. Autoimmunkrankheiten zu therapieren ist ein schwieriges Unterfangen und betrifft immer mehr Menschen jeden Tag, was auch der Grund ist, warum das Thema derzeit intensiv untersucht wird. Laut neuen Forschungsergebnissen könnte es eine Verbindung zu den inneren Uhren des Körpers geben, welche einen großen Einfluss auf die Schwere der Symptome und die Krankheit selbst haben.
Wie die Tageszeit die Autoimmunkrankheit beeinflusst
Die Aktivität unseres Immunsystems basiert zum Teil auf unseren inneren Uhren, also ist es keine Überraschung, dass Autoimmunerkrankungen das ebenfalls tun. Laut einer aktuellen Studie könnte dieses Timing bei Autoimmunkrankheiten wichtiger sein, als wir bisher gedacht haben. Forscher fanden heraus, dass BMAL1, ein wichtiges Gen, das für den Rhythmus der inneren Uhren zuständig ist, auch Einfluss auf Autoimmunangriffe zu haben scheint.
Die Forscher untersuchten Mäuse, die an Multipler Sklerose erkrankt waren – eine auch unter Menschen verbreitete Autoimmunerkrankung. Jene Mäuse, die ein funktionierendes BMAL1-Gen besaßen, wiesen über den Tag hinweg periodische Immunsuppression auf, was bedeutet, dass sie zu gewissen Zeiten weniger Autoimmunsymptome zeigten. Wenn das BMAL1-Gen jedoch entfernt wurde, wurden die Autoimmunangriffe schlimmer und traten nicht mehr zu bestimmten Zeiten auf. Anscheinend fährt BMAL1 das Immunsystem in regelmäßigen Intervallen im Laufe des Tages herunter und gewährt damit Pausen von den Autoimmunsymptomen. Mit der Zeit kann dieser Immunaktivitätskreislauf einen erheblichen Einfluss auf sich anhäufende Autoimmunschäden haben.
Können molekulare Uhren zu Autoimmunkrankheiten beitragen?
Dies ist nicht die erste Studie, die zeigt, dass interne Uhren sowohl mit dem Risiko als auch mit der Schwere der Autoimmunerkrankung in Verbindung stehen Es gibt sogar ein Fachgebiet, das sich Chronoimmunologie nennt und sich dem Studium der inneren Uhren widmet, sowie der Frage, wie das Immunsystem von deren Timing beeinflusst wird. Frühere Studien ergaben, dass junge Erwachsene, die etwa Schichtdienste leisten, ein höheres Risiko haben, später in ihrem Leben eine Autoimmunerkrankung zu entwickeln. Desweiteren zeigte sich, dass Multiple Sklerose im Frühling und Sommer aktiver ist, ein Unterschied, der dem niedrigeren Melatoninspiegel in den helleren Monaten zugeschrieben werden kann.
Es gibt noch andere Gene, die eine Rolle dabei spielen, wie das Immunsystem mit unseren biomolekularen Uhren interagiert. Die Gene Per 1/2 sind auch circadiane Gene, die anscheinend unser Immunsystem beeinflussen. Cortisol und Melatonin, zwei Hormone, die die tagtäglichen Rhythmen mitregulieren, haben ebenfalls einen Effekt auf das Immunsystem. In ausgeglichenen Mengen halten unsere Uhren auf diese Weise eine gleichmäßige Immunaktivität aufrecht. Bei Autoimmunerkrankungen wird das Ganze viel komplizierter. Die Wissenschaftler fangen gerade erst an, die vielen Verbindungen zwischen dem Immunsystem und den inneren Rhythmen aufzuzeigen, bisherige Forschungen sind jedoch vielversprechend.
So halten Sie den Rhythmus Ihrer inneren Uhren aufrecht
Eine der wichtigsten Entscheidungen, die bezüglich der eigenen Gesundheit getroffen werden sollte, ist die Aufrechterhaltung eines geregelten circadianen Rhythmus. In der heutigen Zeit ist das jedoch oft leichter gesagt als getan. Der circadiane Rhythmus eines modernen Menschen hat viele wichtige Herausforderungen zu meistern. Zahlreiche Menschen leisten Schichtdienste oder arbeiten in anderen Berufen, die es unmöglich machen, immer zu den selben Zeiten einzuschlafen und aufzustehen. Außerdem ist die Welt voller Lichtverschmutzung, die sowohl die Schlaf- als auch die Melatoninproduktion beeinträchtigen kann. Experten empfehlen einige Maßnahmen, damit die inneren Uhren planmäßig ticken:
- Achten Sie auf einen geregelten Zeitplan: Nahrungsaufnahme, Aufstehen und Einschlafen sollte jeden Tag zur gleichen Zeit erfolgen.
- Halten Sie sich ausreichend lange im Tageslicht auf, schalten Sie abends jedoch die Lichter aus, besonders jene von Bildschirmen.
- Bereiten Sie sich langsam auf Veränderungen in Ihrem täglichen Zeitplan vor, zum Beispiel auf die Zeitumstellung oder Reisen, aber stellen Sie dabei Ihre Routine langsam auf die neue um.
- Ziehen Sie in Betracht, eine Melatoninergänzung einzunehmen, wenn sich der Schlaf noch immer nicht einstellen will.
Obwohl dieses Thema noch untersucht wird, können diese Schritte Ihre Chancen, eine Autoimmunerkrankung zu entwickeln, verringern und auch die Schwere der Symptome lindern, falls eine solche auftritt. Darüber hinaus ist es in vielerlei Hinsicht wichtig für Ihre Gesundheit, dass Sie einen gesunden und geregelten circadianen Rhythmus beibehalten. Dies ist eine der besten Maßnahmen, um das Wohlbefinden des gesamten Körpers zu fördern.