Forscher, die untersuchen, ob Kurzsichtigkeit mit dem Schlafverhalten zusammenhängt, haben eine interessante Entdeckung gemacht. Menschen mit Myopie (auch Kurzsichtigkeit genannt) weisen einen Melatoninspiegel auf, der bis zu dreimal höher ist, als jener von Menschen, die nicht davon betroffen sind. Die Wissenschaftler hoffen, dass dieser neu entdeckte Zusammenhang zwischen Melatonin und Myopie eine kostengünstige Lösung zur Behandlung von Kurzsichtigkeit bietet.
Was versteht man unter Myopie?
Bei Myopie handelt es sich um einen Brechungsfehler des Auges, bei dem nahe Objekte scharf, ferne Gegenstände jedoch verschwommen gesehen werden. Kurzsichtigkeit ist für gewöhnlich die Folge eines zu langen Augapfels, was dazu führt, dass sich Lichtstrahlen an einem Punkt vor der Netzhaut kreuzen und nicht etwa auf der Oberfläche der Retina. Für die meisten Menschen ist Myopie nicht mehr als eine Unannehmlichkeit. Die Sehstörung kann mit vom Arzt verschriebenen Brillen oder Kontaktlinsen korrigiert werden. Viele Erwachsene haben zudem die Möglichkeit, die Kurzsichtigkeit mit einer Laser-OP zu beheben. Nichtsdestotrotz bedeutet dies für etwa eine Milliarde Menschen weltweit, die an einer schwerwiegenden Sehstörung leiden, dass Myopie das Risiko für andere Krankheiten wie Katarakte, Netzhautablösung, Maculadegeneration und Glaukom erhöht, die bis zur Blindheit führen können.
Kurzsichtigkeit auf dem Vormarsch
Myopie ist weltweit auf dem Vormarsch. Früher ein noch recht seltenes Problem, leiden heute fast 90 Prozent aller chinesischen Jugendlichen an Kurzsichtigkeit; 1950 waren es noch geschätzte 10 Prozent. Etwa 25 Prozent der Deutschen sind kurzsichtig; eine aktuelle Studie schätzt jedoch, dass diese Zahl bis 2050 auf 50 Prozent der Weltbevölkerung ansteigen wird. Die Studie, die in Opthalmology veröffentlicht wurde, schreibt diesen Anstieg den vermehrten Naharbeiten sowie der Tatsache zu, dass wir weniger Zeit im Freien verbringen. Sie fand heraus, dass Myopie am häufigsten in asiatischen Ländern aufritt, wo ein hoher Bildungsdruck herrscht, und Kinder von klein auf drinnen bleiben müssen, um zu lernen.
Wenn die Wissenschaftler recht behalten, wird sich die Zahl der kurzsichtigen Menschen von 2000 bis 2050 verdoppeln, während sich die Zahl jener, die an starker Kurzsichtigkeit leiden, also einer schwerwiegenden Form von Myopie, verfünffachen wird.
Der Anstieg von Myopie hat zu intensiveren Forschungen geführt, um die Ursachen der Kurzsichtigkeit besser zu verstehen, und Lösungen zu entwickeln, um dem Problem vorzubeugen oder es vollständig zu beheben.
Zusammenhang zwischen Melatonin und Myopie
Wissenschaftler sind lange Zeit davon ausgegangen, dass Kurzsichtigkeit von vielen Faktoren ausgelöst wird, insbesondere davon, viel Zeit daheim zu verbringen, und durch die zunehmende Nutzung elektronischer Geräte. Eine der jüngsten Studien über Kurzsichtigkeit hat jedoch eine erstaunliche neue Komponente beleuchtet: den Melatoninspiegel.
Forscher der Ulster-Universität haben herausgefunden, dass Menschen mit Myopie einen höheren Melatoninspiegel aufweisen. Melatonin ist ein schlafregulierendes Hormon. Die Studie, die in Ophthalmic and Physiological Optics veröffentlicht wurde, untersuchte den Melatoninspiegel junger Erwachsener über 18 Monate. Der Schlafhormonspiegel wurde um 8.30 und 10.00 Uhr morgens gemessen, nachdem die Teilnehmer um 22 Uhr des Vorabends nichts mehr zu sich genommen hatten. Menschen mit Myopie hatten dabei höhere Melatoninwerte. Die Forscher hoffen, herauszufinden, ob das Schlafverhalten das Risiko einer Kurzsichtigkeit beeinflusst oder ob bestimmte Schlafmuster helfen können, Myopie in den Griff zu bekommen.
Weniger Zeit im Freien und mehr Bildschirmzeit erhöhen das Myopierisiko
Während Studien in den 1960er Jahren feststellten, dass die DNA Myopie beeinflusst, gibt es seit hunderten von Jahren Hinweise darauf, dass Gene nicht alles sind, wenn es um Kurzsichtigkeit geht.
Frühere Studien zeigen, dass der moderne Lebensstil das Risiko einer Kurzsichtigkeit bei Kindern und Jugendlichen erhöht, wenn diese weniger Zeit im Freien verbringen, wo eine gute Fernsicht benötigt wird, sondern vermehrt Zeit vor dem Bildschrim verbringen.
Höhere Myopieraten stehen mit dem Bildungsniveau im Zusammenhang, vor allem im Ostasien. In China etwa sind 90 Prozent aller jungen Erwachsenen kurzsichtig. Der durchschnittliche chinesische Jugendliche verbringt 41 Stunden pro Woche mit Hausaufgaben. Eine deutsche Studie zeigt zudem, dass Kinder, die mehr Zeit in der Schule verbringen, höhere Myopieraten aufweisen als andere. Laut der American Academy of Ophthalmology wird Myopie mit zunehmender Schuldbildung häufiger. Menschen mit niedrigem Schulabschluss leiden lediglich zu 24 Prozent an Myopie, während die Rate bei Hochschulabsolventen bei 53 Prozent liegt.
Technologie und weniger Zeit im Freien wurden als jene Hauptfaktoren angesehen, die zur Entwicklung von Myopie beitragen, es gibt jedoch auch einen genetischen Einfluss, der eine Rolle spielt. Ein kurzsichtiges Elternteil erhöht das Risiko eines Kindes, ebenfalls kurzsichtig zu werden, jedoch nicht so sehr, wie manche Menschen glauben.
Myopie vorbeugen
Auch wenn es noch keinen Konsens darüber gibt, wie Kurzsichtigkeit vorgebeugt werden kann, so hat eine Studie gezeigt, dass Kinder eine gesunde Sehkraft beibehalten könnten, wenn sie ein Minimum von drei Stunden täglich in einer Umgebung von 10.000 Lux oder mehr verbringen. Dies ist jene Lichtmenge, die das Auge durch eine Sonnenbrille an einem sonnigen Tag erreicht. Zum Vergleich: ein typischer, gut beleuchteter Unterrichtsraum wird nur mit etwa 500 Lux erhellt.
Es empfiehlt sich außerdem, die Zeit vor dem Bildschirm so weit wie möglich zu reduzieren und regelmäßige Pausen während der Nutzung elektronischer Geräte einzulegen. Menschen, die kurzsichtig sind und viel am Computer arbeiten, ohne regelmäßige Pausen zu machen, stellen oft fest, dass sich ihre Kurzsichtigkeit verschlimmert.