Für viele Menschen gehen Langeweile und Schläfrigkeit häufig Hand in Hand. Ob in der Kirche, einer schwierigen Unterrichtsstunde oder einem langen Meeting – die meisten von uns spüren, wie die Augenlider schwerer werden und sich der Kopf zur Seite neigt. Ein unangenehmer Zustand, jedoch ein überaus menschliches Verhalten, das man in verschiedensten Kulturen beobachten kann. Aber warum genau werden wir müde, wenn uns langweilig ist? Neue Forschungen könnten ergeben haben, welche Neuronengruppe beteiligt ist.
Die Psychologie der Langeweile
Jeder ist von Zeit zu Zeit gelangweilt. Der emotionale Zustand „Langeweile“ lässt sich sehr schwer definieren, Wissenschaftler konnten jedoch gewisse Tendenzen erkennen. Sind wir gelangweilt, ist das Gehirn meist in erregtem Zustand, wird jedoch nicht beschäftigt. Die Situation nicht kontrollieren zu können, stellt ebenfalls einen wichtigen Faktor bei diesem Problem dar. Wenn wir keiner Beschäftigung nachgehen, jedoch tun können, was wir möchten, lassen sich andere Aktivitäten finden. Gelangweilte Menschen sitzen jedoch meist in einer Situation fest.
Personen, die Lustlosigkeit verspüren, befinden sich oft in Umgebungen mit vielen Reizen. Das ergibt vielleicht nicht sofort Sinn, Forschungsergebnisse zeigen jedoch, dass gelangweilte Gehirne in einem erregteren Zustand sind. Die kleinen Dinge, die im Hintergrund ablaufen, verhindern einen ruhigen Zustand des Denkapparates und die Konzentration auf nur eine Sache. Auch wenn um uns herum viel passiert, wird das Gehirn nicht so belohnt, als wenn wir einer Tätigkeit nachgehen, bei der wir uns konzentrieren müssen.
Der Preis, den die Gesellschaft für Langeweile zahlen muss
Langeweile ist nicht nur ein persönliches Problem, sondern auch ein gesellschaftliches. In einer Umgebung mit allen möglichen Reizen sind Menschen oft lustlos. Dies führt zu einer geringeren Produktivität und häufigerem Arbeitsplatzwechsel. Außerdem bauen gelangweilte Menschen eher Unfälle, was sich teils durch das erhöhte Risiko, einzuschlafen, erklären lässt, teils durch die Tatsache, dass sie eher zu einer gefährlichen Fahrweise neigen.
Dies könnte tatsächlich ein Problem darstellen, da mehr Personen diese frustrierende Monotonie verspüren als je zuvor. Rund 70% aller Menschen berichten, sich an jedem beliebigen Tag spürbar zu langweilen. Das liegt zum Teil an dem Lärmpegel und den Lichtern um uns herum, aber auch unsere Wirtschaft spielt möglicherweise eine Rolle. Menschen sind bereit in Jobs zu arbeiten, die sie nicht wirklich interessieren, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Der moderne Mensch ist beschäftigter, aber auch gelangweilter als je zuvor.
Langeweile und Schläfrigkeit: Neu entdeckte Neuronen haben gleich zwei Aufgaben
Wenn Sie bemerken, wie Sie in einer Vorstandssitzung wegnicken, ist laut neuen Forschungen wahrscheinlich ein Bereich des Gehirns namens Nucleus accumbens dafür verantwortlich. Der Nucleus accumbens ist für Motivation und Belohnung zuständig sowie für eine Vielzahl anderer Verhaltensweisen, unter anderem für das Herbeiführen der Tiefschlafphase.
Diese Verbindung zwischen Langeweile und Müdigkeit ist vielversprechend, da sie den Weg für zukünftige Behandlungen von Schlafstörungen ebnen, und den gesellschaftlichen und persönlichen Preis von Langeweile senken könnte. Forscher stellten auch fest, dass derselbe Bereich des Gehirns in Funktionsscans aufleuchtete, wenn Menschen entweder lustlos oder sehr müde waren. Genauere Untersuchungen dieser Areale zeigten die biochemische Aktivität, die der Verbindung zugrunde liegt. Wenn wir uns langweilen, setzen unsere stimulierten, aber auch unbelohnten und gelösten Neuronen, Adenosin im Nucleus accumbens frei. Dies wiederum stimuliert die Neuronen desselben Gehirnbereichs, der auch die Tiefschlafphase einleitet.
Natürliche Wege, um Langeweile zu bekämpfen
Auch wenn es wohl nie ein Medikament gegen Langeweile geben wird, können Sie einige Maßnahmen treffen, um dieses unangenehme Phänomen und seine Auswirkungen auf Ihr Leben zu reduzieren. Zum einen können Sie das Ausmaß der Erregung in Ihrem Gehirn senken. So können etwa Nebengeräusche reduziert, Bildschirme und andere Quellen der Hirnstimulation weggelassen werden. Meditation ist ebenfalls eine einfache Art, um inneren Lärm zu beruhigen.
Darüber hinaus kann Langeweile untergraben werden, indem man einer Aktivität mit einer zugehörigen Belohnung nachgeht. Kreuzworträtsel und einfache Videospiele etwa sorgen für Motivation und Belohnung. Diese „Belohnungen“ können Beschäftigungen oder Vergnügungen sein, da die Belohnungszentren des Gehirns wenig Unterschiede erkennen. Wenn Sie Auto fahren, überlegen Sie sich, ob Sie nicht einen Podcast anhören wollen. Diese Tätigkeiten aktivieren die Belohnungszentren im Gehirn und reduzieren das Gefühl von Lustlosigkeit und Monotonie.
Zuguterletzt sollten Sie darauf achten, gut ausgeschlafen zu sein. Auch wenn Langeweile und Schläfrigkeit zusammenhängen, schlafen Sie trotzdem eher ein, wenn Sie nicht ausgeruht genug sind. In einem wichtigen Meeting wegzunicken ist vielleicht peinlich, es gibt jedoch auch Situationen, die gefährlich oder sogar tödlich enden, wenn Sie plötzlich einschlafen. Ausreichend Schlaf ist für Ihre mentale und physische Gesundheit unabdingbar.
Auch wenn Schlaf hauptsächlich durch den suprachiasmatischen Nucleus gesteuert wird, scheint der Nucleus accumbens ebenfalls ein wichtiger Bereich des Gehirns zu sein, wenn es um die Bestimmung des Schlafverhaltens geht. Diese Erkenntnis ist zwar noch sehr neu, eröffnet jedoch zahlreiche Wege für die Behandlung von Langeweile und Schlaflosigkeit.