Autismus ist eine der sich am rasantesten ausbreitenden, neurologischen Entwicklungsstörungen in der westlichen Welt. Trotz intensiver Forschung haben Wissenschaftler und Ärzte es immer noch nicht geschafft, die Ursache für diese Erkrankung zu identifizieren. Laut überraschenden neuen Forschungsergebnissen in Bezug auf Melatonin und Autismus, haben Eltern mit einem geringen Melatoninspiegel ein höheres Risiko, ein Kind zu bekommen, das an Autismus leidet. Dies ist jedoch nicht die erste Studie, die einen Zusammenhang zwischen Autismus und Melatonin herstellt. Schlaf und Schlafstörungen scheinen ebenfalls auf vielfältige Art und Weise mit einer Autismus-Spektrum-Störung in Verbindung zu stehen.
Autismus und Schlaf
Eine Autismus-Spektrum-Störung ist eine häufig vorkommende Entwicklungsstörung. Zu den dazugehörigen Symptomen zählen Sprach- und Kommunikationsstörungen, ein eingeschränktes soziales Bewusstsein sowie Schwierigkeiten in Bezug auf abstrakte Konzepte. Mediziner schätzen, dass ca. 1 von 45 US-Kindern an dieser Erkrankung leidet – was einen starken Anstieg innerhalb der letzten zehn Jahre bedeutet. In Deutschland sind von 10.000 Kindern etwa 15-40 autistisch. Obwohl viele Menschen, die sich „am Rande des Spektrums“ befinden, ein glückliches und gesundes Leben führen, gibt es zahlreiche Aufgaben, denen Patienten und deren Familien gegenüberstehen. Eine der häufigsten und überraschendsten Herausforderungen hierbei ist das Thema Schlaf.
Schlafstörungen treten sehr oft in Verbindung mit Autismus-Erkrankungen auf, ca. 80 Prozent der an Autismus leidenden Kinder sind davon betroffen. Viele Kinder, die diese Krankheit haben, kämpfen mit Schwierigkeiten beim Aufwachen und Einschlafen. Schlafmangel führt erwiesenermaßen zu einem verstärkten negativen Verhalten wie Wutanfällen und Aggressionen. Es gibt diverse Hypothesen, warum autistische Kinder oft schlecht schlafen, wie beispielsweise strukturelle Gehirnanomalien oder Veränderungen des Hormonspiegels. Zahlreiche aktuelle Studien weisen auf einen geringen oder dysregulierten Melatoninspiegel hin, der hierbei eine Rolle spielen könnte. So wichtig der Melatoninspiegel des Kindes auch sein mag, jener der Eltern scheint ebenfalls eine erhebliche Rolle bei dieser Erkrankung zu spielen.
Laut einer aktuellen Studie gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Melatoninspiegel der Eltern und dem kindlichen Autismus-Risiko
Obwohl wir den Melatoninspiegel hauptsächlich mit Biorhythmus und Schlaf verbinden, hat dieses Hormon weitere Aufgaben im menschlichen Körper. Es ist äußerst wichtig für die Entwicklung von Embryos und die Entwicklung eines gesunden Gehirns. Forscher in den Niederlanden untersuchten den Melatoninspiegel von Eltern mit einem autistischen Kind und fanden heraus, dass die Mütter einen signifikant geringeren Melatoninspiegel als normal aufwiesen. Bei Müttern mit mehr als nur einem autistischen Kind zeigten sich sogar noch reduziertere Melatoninwerte als bei jenen, die nur ein Kind innerhalb des autistischen Spektrums hatten.
Ein chronisch niedriger Melatoninspiegel kann durch einen dysregulierten Biorhythmus ausgelöst werden. Wie die Autoren der Studie jedoch anmerken, kann dieser auch durch einen vererbten Mangel an Enzymen herbeigeführt werden, die Melatonin aus Vorläufer-Molekülen herstellen. Dieser Zusammenhang könnte erklären, weshalb Autismus erblich zu sein scheint, und teilweise durch pränatale Faktoren verursacht werden kann. Ein geringer Melatoninspiegel der Mutter, der bei einem Fötus eine Autismus-Erkrankung zur Folge hat, könnte also dem autistischen Kind weiter gegeben werden. Dies könnte erklären, wieso so viele autistische Kinder Schwierigkeiten haben, jenen Schlaf zu bekommen, den sie benötigen.
Frühere Zusammenhänge zwischen Melatonin und Autismus
Da eine Autismus-Erkrankung fast das gesamte Leben eines Menschen betreffen kann, ergibt es Sinn, dass viele Faktoren miteinbezogen werden, wenn es um die wirksame Prävention und Behandlung geht. Es gibt wahrscheinlich viele unterschiedliche pränatale und genetische Faktoren, die dazu führen, dass ein Kind dieses Syndrom entwickelt. Zahlreiche Studien haben jedoch herausgefunden, dass ein niedriger Melatoninspiegel bei autistischen Kindern häufig auftritt.
Frühere Forschungen haben gezeigt, dass einige autistische Menschen an seltenen genetischen Erkrankungen leiden, welche die Produktion und Regulierung von Melatonin hemmen. Diese Erkrankungen treten zu selten auf, um die meisten Fälle von Autismus verursacht zu haben, tragen jedoch zu all den Beweisen bei, die einen Zusammenhang zwischen diesem Hormon und der Erkrankung herstellen.
Neue Behandlungsmöglichkeiten, neue Hoffnungen
Aufgrund des Wissens um den Zusammenhang zwischen einem niedrigen Melatoninspiegel und Autismus, beginnen Mediziner damit, Schlaflosigkeit und andere Schlafstörungen erfolgreich bei autistischen Personen zu behandeln, indem sie einfache und kostengünstige Melatoninergänzungen verabreichen. Diese Nahrungsergänzungen sind besonders wirksam, wenn sie in Kombination mit Verhaltenstherapien eingesetzt werden. Da Schlafmangel mit einer Zunahme negativer Verhaltensweisen bei autistischen Kindern in Verbindung gebracht wurde, kann ein wenig Erholung die Lebensqualität des autistischen Kindes und seiner gesamten Familie verbessern.
Darüber hinaus untersuchen Wissenschaftler, ob eine Melatonin-Supplementation dazu beitragen kann, andere Verhaltensweisen zu korrigieren, die womöglich mit einer Autismus-Erkrankung in Verbindung stehen, wie beispielsweise Kommunikationsstörungen oder obsessives Interesse an Objekten. Die Einnahme einer Melatoninergänzung während der Schwangerschaft könnte ebenfalls wirksam sein, um die steigenden Autismus-Fälle zu reduzieren, obwohl dies noch genauer untersucht werden muss, bevor eine Anwendung erfolgt.
Wir haben innerhalb der letzten Jahrzehnte gelernt, dass Schlaf und Biorhythmus wichtiger sind als gedacht. Jene Hormone, die bei diesen Prozessen eine Rolle spielen, helfen uns nicht nur dabei, gemäß eines vorhersehbaren Rhythmus einzuschlafen und aufzuwachen, sondern tragen auch auf vielfältige Art und Weise zur Gesundheit des gesamten Körpers bei. Obwohl diese Untersuchungen noch ganz am Anfang stehen, geben sie uns einen besseren Einblick in die Ursachen für Autismus-Erkrankungen, und eröffnen uns neue Behandlungs- oder Präventionsmöglichkeiten.