Mithilfe eines neuen Bluttests lässt sich die innere Uhr des Menschen ablesen. Diese bahnrechende Entdeckung machten Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin.
Innere Uhr steuert alle Vorgänge im Körper
Alle Lebewesen, auch der Mensch, folgt natürlichen biologischen Rhythmen, die durch die innere Uhr gesteuert werden. Viele der physiologischen Prozesse unseres Körpers basieren auf einem 24-Stunden-Tagesrhythmus, dem circadianen Rhythmus. Jedes Organsystem besitzt seinen eigenen biologischen Rhythmus, selbst Krankheiten haben Rhythmen. Die Funktionen des Körpers sind tageszeitlichen Schwankungen unterworfen. So wirken Arzneien beispielsweise unterschiedlich stark, je nachdem, zu welcher Uhrzeit sie verabreicht werden. Dabei reagiert jeder Mensch anders. Entscheidend ist der jeweilige Chronotyp, also, ob die betreffende Person eher ein Morgen- oder ein Abendmensch ist. Dieses Wissen ist bedeutend, wenn es darum geht, therapeutische Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt anzuwenden, um eine Behandlung so effektiv wie möglich zu machen.
Gene zeigen Innenzeit an
Einem internationalem Team an Forschern, unter der Leitung von Achim Kramer des Instituts für Medizinische Immunologie (IMI) an der Charité Berlin, gelang es nun, Biomarker im Blut zu identifizieren, die für die innere Uhr charakteristisch sind. Zuerst maßen die Wissenschaftler die Aktivität aller 20.0000 Gene in einem bestimmten Blutzelltyp von mehreren Probanden über einen Tag hinweg. Mithilfe von Computeralgorithemen konnten die Forscher 12 Gene isolieren, welche die Innenzeit verlässlich anzeigen.
Die Biomarker einer einzigen Blutprobe geben demnach darüber Aufschluss, ob der Mensch eine Nachteule oder eine Lerche ist, selbst wenn die betreffende Person entgegen ihres biologischen Rhythmus früh am Morgen von einem Wecker aus dem Schlaf gerissen wird.
Personalisierte Chronotherapie für bessere Heilungschancen
Die Ergebnisse der Arbeit, die im Fachmagazin The Journal of Clinic Investigation veröffentlicht wurden, rechtfertigen weitere klinische Folgestudien, in denen die Wissenschaftler die Effektivität einer personalisierten Chronotherapie nachweisen möchten. Diese Art von Therapie berücksichtigt, wie der circadiane Rhythmus und weitere innere Uhren, Behandlungen, und vor allem Medikamente, beeinflussen. Demnach könnte die Therapie verbessert und das Risiko von Nebenwirkungen reduziert werden, wenn die Behandlung auf die individuelle Innenzeit der Patienten ausgerichtet ist.
Prof. Kramer ist überzeugt davon, dass die Chronotherapie der Standardtherapie überlegen sein könnte. Laut dem Wissenschaftler könne dieser neue, innovative Bluttest dazu beitragen, dass der Tageszeit zukünftig bei der Diagnose und Behandlung ein größerer Stellenwert beigemessen wird, was langfristig zu besseren Heilungschancen führen könnte.