Melatonin könnte laut einer aktuellen Studie, die im Egyptian Journal of Basic and Applied Sciences veröffentlicht wurde, eine realistische Option darstellen, um neuropsychiatrische Störungen zu behandeln. Melatonin, das auf natürliche Weise von der Zirbeldrüse hergestellt wird, ist ein Hormon, das anhand des circadianen Rhythmus, bzw. des 24 Stunden Schlaf-/Wach-Zyklus, des Körpers ausgeschüttet wird. Bei verschiedenen neuropsychiatrischen Störungen (psychische Erkrankungen, die mit Erkrankungen des Nervensystems in Verbindung stehen) wurde festgestellt, dass sie mit Defiziten oder Anomalien der Melatoninwerte des Körpers einhergehen. Diese Erkrankungen können mitunter Angst, Panikstörungen, Migräne, Depressionen sowie Schlaflosigkeit, Narkolepsie, Epilepsie, Schizophrenie, Parkinson, Autismus und Alzheimer umfassen. Die Studien, die in diesem Artikel besprochen werden, untersuchen einige dieser Erkrankungen und wie Melatonin bei der Behandlung bedeutend sein kann.
Der circadiane Rhythmus stellt einen der drei Grundzyklen dar, die in der Chronobiologie erforscht werden. Er spielt bei den physiologischen Funktionen des Körpers wie Herzfrequenz, Zellstoffwechsel und Immunantwort eine wichtige Rolle. Abnorme circadiane Zyklen können physiologische sowie psychologische Ungleichgewichte verursachen, die wiederum zu neuropsychiatrischen Störungen führen. Aufgrund seiner profunden Auswirkung auf den circadianen Rhythmus wird Melatonin immer häufiger als potentielle Behandlungsmethode für diese Arten von Erkrankungen in Betracht gezogen.
Angst
Mehrere Untersuchungen haben eine positive Wirkung von Melatonin auf Angst- und Panikstörungen gefunden. In einer Studie aus dem Jahr 2013 wurde Mäusen eine nächtliche Dosis Melatonin verabreicht. Die Nagetiere wurden mildem chronischen Stress ausgesetzt. Durch die Verabreichung des Hormons wiesen jene Mäuse, die Stress ausgesetzt waren, weniger Symptome von Angst (mitunter eine verringerte Gewichtszunahme, weniger Verzweiflung und kognitive Dysfunktion) auf, was darauf hindeutet, dass Melatonin eine realistische Rolle als Antidepressivum spielen könnte.
Eine weitere Studie beurteilte Angst- und Schmerzwerte bei Patienten, denen eine Operation am grauen Star bevorstand. In einer Gruppe von 60 Patienten bekamen einige vor der Operation Melatonin, während die anderen ein Placebo erhielten. Verschiedene Messwerte wurden aufgezeichnet, wie zum Beispiel verbale Angst- und Schmerzwerte, Herzfrequenz, Blut- und Augeninnendruck. Während sich Schmerzwert, Herzfrequenz, Blut- und Augeninnendruck bei den beiden Patientengruppen nicht deutlich unterschieden, gab es einen erheblichen Unterschied bei ihren verbal ausgedrückten Angstwerten. Patienten, denen Melatonin gegeben wurde, zeigten wesentlich geringere Angstwerte.
Schizophrenie
Schizophrenie ist eine weitere neuropsychiatrische Störung, bei der man herausfand, dass sie mit gestörten circadianen Rhythmen und abnehmenden Melatoninwerten einhergeht. Aufgrund dieser Anomalien geht man davon aus, dass Melatonin bei der Behandlung der Erkrankung helfen könnte. Es wurde zudem festgestellt, dass das Hormon die Wirkung von antipsychotischen Medikamenten erhöhen und deren Nebenwirkungen verringern könnte. Eine Studie mit schizophrenen Patienten nutzte Melatonin in Verbindung mit einem beliebten Antipsychotikum. Eine andere Patientengruppe, die an der selben Studie teilnahm, erhielt ebenfalls dieses Medikament, aber anstatt Melatonin wurde ihr ein Placebo verabreicht. Jene Teilnehmer, die Melatonin bekamen, wiesen weniger Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme und einen geringeren PANSS-Wert auf, der die Schwere der Schizophreniesymptome misst.
Alzheimer
Alzheimer ist eine fortschreitende, neurodegenerative Erkrankung, die Gedächtnisverlust und Veränderungen im Denken sowie im Verhalten auslöst und die mit der Zeit schlimmer wird. Bei Alzheimerpatienten sind die Melatoninwerte viel geringer im Vergleich zu Kontrollgruppen, weswegen man annimmt, dass dieses Hormon bei der Behandlung eine Rolle spielen könnte. In einer Studie aus dem Jahr 2012 wurde Melatonin in Verbindung mit körperlicher Bewegung verabreicht. Diese Behandlung reduzierte kognitive Schäden und oxidativen Stress im Gehirn; Faktoren, die zu Alzheimer beitragen.
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung
Schlafstörungen sind bei Kindern, die unter einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) leiden, weit verbreitet. Eine aktuelle Studie untersuchte die langfristige Einnahme von Melatonin und seine Wirkung, Kindern mit ADHS zu helfen. Nach Angaben der Eltern zeigten 88 Prozent der behandelten Kinder Verbesserungen bei Schlafproblemen. Zudem gaben 71 Prozent an, eine Verbesserung im Verhalten zu erleben und 61 Prozent berichteten von einer Verbesserung der Stimmung.
Hoffnung für die Zukunft
Zusätzlich zu den hier besprochenen Erkrankungen, scheinen viele andere neuropsychiatrische Störungen mit unterbrochenen Schlafmustern und unnormalen Melatoninwerten zusammenzuhängen. Basierend auf wissenschaftlichen Beweisen, gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass Melatonin im Umgang und in der Behandlung vielerlei Arten von neuropsychiatrischen Störungen eine positive Rolle spielen könnte.