Psychische Erkrankungen stellen überall auf der Welt ein immenses Gesundheitsproblem dar. Wissenschaftler schätzen, dass rund 18 Prozent der Menschheit an einer psychischen Erkrankung leidet. Das Entdecken der neurologischen Grundlagen für die Erkrankung ist äußerst wichtig, um effektive Behandlungen zu finden und stellt somit ein großes Forschungsgebiet dar. Aktuelle Studien legen nahe, dass ein gestörter circadianer Rhythmus für viele psychische Erkrankungen, von klinischer Depression bis hin zur bipolaren Störung, mitverantwortlich sein könnte.
SAD: Ein klassischer Fall einer psychischen Erkrankung, die mit dem circadianen Rhythmus zusammenhängt
Die saisonal abhängige Depression, bzw. SAD, ist vermutlich die bekannteste psychische Erkrankung, die mit einem gestörten circadianen Rhythmus zusammenhängt. Das Fehlen von hochqualitativem Licht unterbricht die Melatoninproduktion im suprachiasmatischen Nukleus des Gehirns, was zu irregulären Werten dieses Hormons führt, die Müdigkeit, Depressionen und eine Vielzahl weiterer Symptome hervorrufen. Viele Menschen erzielen durch Lichttherapie und Melatoninergänzungsmitteln eine Linderung von SAD. Jedoch legen aktuelle Studien nahe, dass SAD nicht die einzige psychische Erkrankung sein könnte, die direkt mit Abweichungen des circadianen Rhythmus in Verbindung steht.
Das circadiane CLOCK Gen und die bipolare Störung
Bei gesunden Menschen werden die circadianen Gene wie CLOCK und BMAL1 über einen Kurs von jeweils 24-Stunden hinweg rhythmisch ausgedrückt. Diese Gene verursachen hormonelle Veränderungen, die es Menschen ermöglichen, optimal auf die Ansprüche ihres Tages zu reagieren, vor allem auf die Anforderungen des Wachseins und des Schlafens. Wenn sich zeitliche Signale wie Lichtverhältnisse und Essgewohnheiten verändern, passt der Körper seinen circadianen Rhythmus an, um den neuen Ablauf miteinzubinden.
Bei einer Studie mit Mäusen fanden Chronobiologieforscher heraus, dass eine Veränderung des CLOCK Gens bei den Mäusen zu ungewöhnlichen Verhaltensweisen wie Raserei, Hyperaktivität und Schlaflosigkeit führte. Die Tiere zeigten ein Verhalten, das mit den manischen Phasen übereinstimmt, die mit der bipolaren Störung einhergehen, die umgangssprachlich oft als manische Depression bezeichnet wird. Wissenschaftler müssen zwar zunächst die rhythmischen Gegebenheiten bei menschlichen Versuchsteilnehmern, die eine bipolare Störung haben, untersuchen, damit ein endgültiger Zusammenhang festgestellt werden kann, aber diese Studie zeigt bereits, dass die Veränderung des CLOCK Gens ein Teilgrund hierfür und für andere psychischen Erkrankungen sein könnte, die manische Merkmale aufweisen.
Schlafstörungen und Depression
Der Zusammenhang zwischen Schlafstörungen und Depression wurde reichlich belegt. Menschen mit Depressionen können an permanenter Müdigkeit, Schlaflosigkeit oder sogar an beidem leiden. Aktuelle Studien, die mit Menschen durchgeführt wurden, fanden heraus, dass depressive Frauen in ihrem circadianen Rhythmus riesige Schwankungen aufweisen – ihre 24-Stunden Uhr wird durch die Hormone des Körpers nicht sehr gut geregelt. Hormone wie Noradrenalin und Melatonin werden in den falschen Mengen und zu den falschen Zeiten freigesetzt. In der Tat beeinflussen Schlafstörungen, die mit Depressionen einhergehen, häufig die Stimmung des Patienten und dessen Fähigkeit, zu funktionieren, genauso sehr, wie die Depression selbst. Licht- und Melatonintherapien stellten sich in vielen Fällen bei der Behandlung von Depressionen als hilfreich heraus.
Schizophrenie und Schlaf
Schizophrenie ist eine der ernsthaftesten und lähmendsten psychischen Erkrankungen und auch eine der am schwierigsten zu behandelnden. Wissenschaftler und Mediziner tun sich gleichermaßen damit schwer, Menschen mit dieser Krankheit dabei zu helfen, die richtige Therapie zu finden, die es ihnen ermöglicht, ein normales Leben zu führen. Schizophrenie wird mit einer Vielzahl von hormonellen Abweichungen in Verbindung gebracht, die schließlich physische Veränderungen und eine Zerstörung des Gehirns verursachen. Bei Patienten mit schwerwiegenden, unbehandelten Fällen dieser Erkrankung können diese im MRI gesehen werden. Aktuelle Studien im Bereich der Chronobiologie legen nahe, dass eine Störung des circadianen Rhythmus zum Teil für die Auswirkungen dieser physischen Störung verantwortlich sein könnte.
In einer Untersuchung haben Forscher sechs Wochen lang die Melatoninwerte und den Schlaf-Wach-Zyklus einer Gruppe schizophrener Patienten überprüft. Alle Patienten zeigten erhebliche Störungen des circadianen Rhythmus, wie eine verspätete Schlafstörung und circadiane Rhythmen, die nicht in einem 24-Stunden-Rhythmus stattfanden. Hormone, die vom circadianen Rhythmus reguliert werden, folgen keinem normalen Zyklen. Dies galt sogar für Patienten, die erfolgreich und mit modernen antipsychotischen Medikamenten behandelt wurden. Daraus lässt sich schließen, dass es einen starken Zusammenhang zwischen Schizophrenie und einem gestörten circadianen Rhythmus gibt, auch wenn es noch weitere Studien bedarf, um den genauen Zusammenhang zu identifizieren.
Chronotherapie: Hoffnung für psychische Erkrankungen
Diese Untersuchungen hören sich zwar schrecklich an, in Wirklichkeit bieten sie aber denjenigen Hoffnung, die an psychischen Erkrankungen leiden. Wissen ist Macht in diesen Fällen, da Behandlungen erst dann entwickelt werden können, sobald die Pathophysiologie einer Krankheit besser verstanden wird. Chronotherapien, bzw. Behandlungen, die sich an den circadianen Rhythmus anpassen, könnten zu einem wichtigen Teil der Therapie von psychischen Erkrankungen werden und zu einer besseren Handhabung derselben führen. Tatsächlich hat die verringerte Lichtaussetzung (auch Dunkelheitstherapie genannt) bereits gezeigt, dass sie manische Episoden beenden kann.
Bei einer steigenden Anzahl von ernsthaften Erkrankungen, von Schizophrenie bis hin zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, stellen sich in aktuellen Studien Verbindungen zu Schlaf- und circadianen Störungen heraus. Diese Zusammenhänge könnten es Ärzten ermöglichen, Gesundheitsprobleme effektiver zu behandeln, wodurch viele Menschen die Chance auf ein glücklicheres und gesünderes Leben haben.