Unzureichender Schlaf hat negative Auswirkungen auf die kognitiven Fähigkeiten und die Motorik, genau wie exzessiver Alkoholkonsum. Während ein Alkoholtest dazu verwendet wird, um die Blutalkoholkonzentration einer Person zu messen, existiert derzeit kein Test, der anzeigt, wie müde jemand ist. Dank aktuellen Forschungsergebnissen aus Großbritannien könnte es so etwas aber bald geben.
Müde hinter dem Steuer: eine Gefahr für die Allgemeinheit
Laut dem National Safety Council schlafen 43 Prozent aller Amerikaner nicht genug. Müdigkeit beeinträchtigt die geistige Klarheit und die körperliche Leistungsfähigkeit, und gefährdet die Sicherheit des Übermüdeten und jene der Personen um ihn herum. Laut der AAA Foundation for Traffic Safety verdoppeln schon ein oder zwei Stunden weniger Schlaf das Unfallrisiko.
Die National Highway Traffic Safety Administration, die US-Behörde für Straßen- und Verkehrssicherheit, berichtet, dass Müdigkeit hinter dem Steuer die Ursache für rund 100.000 Unfälle pro Jahr ist, was ungefähr 80.000 Verletzte und mehr als 6.000 Tote allein in den USA zur Folge hat. Auch 26 Prozent der befragten deutschen Autofahrer sind laut einer Umfrage mindestens schon einmal am Steuer eingeschlafen.
Aber die Konsequenzen reichen noch weiter als nur auf die Straßen. Drei Viertel der befragten Amerikaner geben an, dass sie in der Arbeit müde sind. Auch die deutsche Wirtschaft hat mit Schlafproblemen zu kämpfen. Experten gehen davon aus, dass bei ca. drei Millionen Deutschen häufig Tagesschläfrigkeit mit Einschlafneigung auftritt. Forschungsergebnisse zeigen, dass rund 13 Prozent aller Arbeitsunfälle durch Müdigkeit verursacht werden. Industriearbeit fordert Aufmerksamkeit und motorische Fähigkeiten, zum Beispiel in der Konstruktion, Herstellung, Medizin, im Transport und der Versorgung, wo es besonders gefährlich werden kann, wenn Müdigkeit auftritt. Könnte man jedoch die eigene Müdigkeit genau einschätzen, würde dies die Kosten für Unfälle und verlorene Produktivität deutlich senken.
Ein neuer Weg, um Schlafmangel nachzuweisen
Ein Forscherteam der Universität Surrey hat eine Methode entwickelt, um mithilfe eines Bluttests zu erkennen, ob eine Person zu wenig geschlafen hat. Der Forschungsbericht wurde in der Fachzeitschrift Sleep veröffentlicht.
„Wir wissen alle, dass zu wenig Schlaf über einen längeren Zeitraum ein Risiko für unsere körperliche und psychische Gesundheit bedeutet. Es ist jedoch schwierig, festzustellen, wie viel eine Person geschlafen hat, weshalb die Polizei nur schwer einschätzen kann, ob der Fahrer ausgeruht genug war, um zu fahren, oder der Vorgesetzte, ob der Angestellte fit genug war, um zu arbeiten“, kommentierte Dr. Emma Laing, Hauptdozentin der Universität für Bioinformatik.
Die Ergebnisse des Teams legen den Grundstein für zukünftige Tests, die von der Polizei bzw. Arbeitgebern genutzt werden können, um herauszufinden, ob Personen, die für einen Verkehrs- oder Arbeitsunfall verantwortlich waren, unter Müdigkeit litten.
In einer Studie, die vom Direktor des Schlafforschungszentrum der Universität Surrey, Professor Derk-Jan Dijk, durchgeführt wurde, wurden Blutproben von Teilnehmern analysiert, welche die vorhergehende Nacht durchgemacht hatten. Das Team untersuchte tausende Gene auf Veränderungen am Expressionsspiegel und benutzte eine Maschine, um einen Algorithmus für weitere Analysen zu entwickeln. Der Algorithmus fand 68 betroffene Gene, und konnte mit 92-protzentiger Richtigkeit feststellen, ob eine Probe von einer ausgeruhten Testperson oder einer mit Schlafmangel stammte.
„Diese Biomarker zu identifizieren, ist der erste Schritt bei der Entwicklung eines Tests, der akkurat berechnen kann, wie viel eine Person geschlafen hat. Die Biomarker im Blut geben an, welchen physiologischen Einfluss Schlafmangel auf unseren Körper haben kann, wenn man nur über einen Zeitraum von 24 Stunden wach ist“, erklärt Dr. Simon Archer, Professor der molekularen Schlafbiologie.
Das Team wird weiter an den genetischen Auswirkungen von Schlafmangel forschen. „Dies ist ein Test für akuten totalen Schlafmangel; der nächste Schritt ist die Identifikation von Biomarkern, wenn chronisch zu wenig geschlafen wird. Schlafmangel steht mit zahlreichen negativen Auswirkungen auf die Gesundheit in Verbindung“; so Dijk.
Schlafmangel und die Symptome
Ein Schlafdefizit ist mit unterschiedlichen Symptome verbunden. Das offensichtlichste Symptom ist das Gefühl von Müdigkeit den ganzen Tag über, es gibt jedoch noch weitere, u.a.:
- Depressionen oder Angst
- Vergesslichkeit oder die Unfähigkeit, sich zu konzentrieren oder zu lernen
- Probleme mit der Impulskontrolle
- verstärkter Appetit auf Kohlenhydrate
- Reizbarkeit und erhöhte Launenhaftigkeit
- Motivations- und Antriebslosigkeit
- weniger Empathie für andere
- schlechte Koordination
- weniger Lust auf Sex
Die Auswirkungen von Schlafmangel verstehen
In einer Welt, die nie schläft, kann es schwierig sein, abzuschalten, und sich auszuruhen. Die Anforderungen im Job und zuhause können mit der Zeit zu einem Schlafdefizit führen. Dadurch stellt man nicht nur eine Gefahr für sich selbst, sondern auch für die Personen um einen herum dar. Es gibt noch eine Vielzahl anderer negativer physiologischer und psychischer Auswirkungen, die mit fehlendem Schlaf in Verbindung stehen.
Während eine Nacht ohne Schlaf der Gesundheit wohl noch nicht schadet, kann permanenter Schlafentzug jedoch ernstere Probleme nach sich ziehen:
- Schlafmangel beeinträchtigt jene Teile des Gehirns, die für das Urteilsvermögen, die Verarbeitung von Emotionen und das Speichern neuer Erinnerungen zuständig sind. Zu wenig Schlaf führt zu einer schlechten Verarbeitung von Gefühlen, mehr Ängsten und Depressionen, sowie zu Gedächtnisschwierigkeiten.
- Zu wenig Schlaf kann auch eine Gewichtszunahme fördern, was wiederum das Risiko für Bluthochdruck, Herzinfarkte oder Schlaganfälle erhöht.
- Schlafmangel stört die circadianen Rhythmen des Körpers und die Fähigkeit, Hormone zu produzieren und auszuschütten, die das Wachstum, Stoffwechselprozesse und die Fortpflanzungsfunktion steuern. Dies kann Komplikationen wie eine schlechtere Fruchtbarkeit oder Stoffwechselerkrankungen wie Typ-2-Diabetes nach sich ziehen.
- Unzureichender Schlaf erhöht die Produktion von Stresshormonen wie Cortisol und Noradrenalin.
- Zu wenig Schlaf beeinträchtigt auch das Immunsystem, wodurch es für den Körper schwieriger wird, Krankheiten und Infektionen zu bekämpfen.
Wie man für eine gute Schlafhygiene sorgt
Gesunde Schlafgewohnheiten sind notwendig für unser Wohlbefinden. Hier sind 10 Tipps, wie Sie Ihre Schlafroutine verbessern:
- Halten Sie feste Zeiten ein, zu denen Sie schlafen gehen, und aufstehen, auch an den Wochenenden.
- Machen Sie tagsüber kein Nickerchen.
- Treiben Sie regelmäßig Sport.
- Verzichten Sie auf Koffein und Nikotin vor dem Schlafengehen.
- Zwei bis drei Stunden vor dem Zubettgehen sollten Sie nichts mehr essen.
- Das blaue Licht von Fernsehbildschirmen, Computern und mobilen Geräten stört erwiesenermaßen den Schlaf, also verringern Sie Ihre Zeit vor dem Bildschirm, besonders vor dem Schlafengehen.
- Führen Sie eine Zubettgeh-Routine ein.
- Um sich ausgeruht zu fühlen, schlafen Sie in einer kühlen, dunklen, ruhigen und bequemen Umgebung.
- Wenden Sie Entspannungstechniken an, beispielsweise Meditation oder Aromatherapie, um vor dem Schlafengehen zu entspannen.
- Natürliche Ergänzungsmittel wie Kamille, Melatonin und Baldrian helfen einigen Menschen dabei, schneller einzuschlafen.