Rund jedes 45. Kind in unserer modernen Welt ist Autist. Diese Erkrankung zählt zu einer der sich am schnellsten verbreitenden Entwicklungsstörungen, die wir je gesehen haben. Autismus bringt viele Herausforderungen mit sich, Schlaf ist eine der häufigsten. Kinder mit Autismus (und ihre Eltern) haben Schlafprobleme und bekommen oft Tage lang nicht nie nötige Erholung. Laut aktuellen Studien könnte Melatonin eine effektive Behandlung für Kinder mit Autismus darstellen, die keinen ausreichenden Schlaf finden, der jedoch so essentiell ist.
Was ist Autismus?
Die Autismus-Spektrum-Störung ist eine komplexe neurologische Entwicklungsstörung, die von sich wiederholenden Verhaltensmustern und Kommunikationsschwierigkeiten gekennzeichnet ist. Kinder mit dieser Erkrankung erhalten die Diagnose generell schon in sehr jungen Jahren, aber die Symptome bestehen ein Leben lang. Zum ersten Mal erkannt wurde die Störung im 20. Jahrhundert, und seitdem steigen die Zahlen immer weiter.
Wissenschaftler und Ärzte sind sich nicht sicher, ob diese Verbreitung an der Veränderung der Diagnosekriterien liegt oder an einer tatsächlichen Zunahme an Betroffenen. So oder so haben viele Eltern damit zu kämpfen, ein Kind mit besonderen Bedürfnissen großzuziehen, das durch eine Autismus-Spektrum-Störung hervorgebracht wird. Während sich die Probleme von Kind zu Kind unterscheiden, sind Schlafprobleme eine der häufigsten Beschwerden. Tatsächlich haben rund 80 Prozent aller von Autisten auch Schlafstörungen.
Schlafstörungen und Autismus: Ein häufiges Problem
Warum haben so viele Autisten damit zu kämpfen, erholsamen Schlaf zu finden? Dazu gibt es zahlreiche Theorien. Die erste ist, dass andere Aspekte des Autismus daran schuld sein könnten. Autisten leiden oft unter Magen-Darmproblemen sowie Wahrnehmungs- und Angststörungen. Diese Faktoren können es erschweren, ausreichend zu schlafen. Außerdem pflegen viele Kinder eine schlechte Schlafhygiene und andere Verhaltensweisen, die das Einschlafen verhindern. Als Ursache gelten elektronische Lichter von Bildschirmen oder anderen Quellen sowie das Fehlen einer beruhigenden Routine vor dem Zubettgehen.
Eine Fehlregulierung von Melatonin scheint ebenfalls zu den zahlreichen schlaflosen Nächten autistischer Kinder und ihrer Familien beizutragen. Denn Melatonin ist für das Ein- und Durchschlafen unabdingbar. Eine Fehlregulierung dieses Hormons lässt Schlaf zu einem ständigen Kampf werden. Was auch immer der Grund dafür ist; es gibt einige Studien, die den nicht gerade erholsamen Schlafrhythmus von Autisten dokumentiert haben. Der Schlafrhythmus der Betroffenen besteht aus der ungewöhnlich langen Schlafphase 1, die am wenigsten erholsam ist und aus der man leicht wieder erwacht. Die REM-Phase ist nur sehr kurz oder gar nicht vorhanden. Daraus folgt, dass viele Kinder mit Autismus unter chronischem Schlafmangel leiden. Das wiederum kann zu Aggressionen, Hyperaktivität und einer Reihe anderer anstrengender Verhaltensweisen führen. Zudem existiert eine Vielzahl ernster Gesundheitsrisiken, die mit schlechten Schlafgewohnheiten in Zusammenhang steht, zum Beispiel ein erhöhtes Risiko für Herzkreislauf- und Stoffwechselerkrankungen.
Zunehmende Anhaltspunkte, die für Melatonin sprechen
Da Melatonin ein Faktor bei Schlafproblemen von Autisten zu sein scheint, ist die Einnahme einer Melatoninergänzung zu einer verbreiteten Behandlungsmethode geworden. Viele Studien ergaben, dass dadurch eine messbare Verbesserung der Schlafqualität erzielt werden konnte. Tatsächlich finden rund 63 Prozent aller autistischen Kinder erholsameren Schlaf, wenn sie Melatonin zuführen. Das trifft insbesondere dann zu, wenn die Kinder jene Form von Melatonin mit zeitgesteuerter Freisetzung verabreicht bekommen, in Kombination mit einer Verhaltenstherapie.
Wie hilft dieses Hormon den Kindern, Schlaf zu finden? Momentan geht man davon aus, dass die Ergänzung das Hormon ersetzt, das von den Betroffenen nicht in ausreichender Menge produziert wird. Das heißt, es richtet sich gegen die Ursache der Schlafstörungen und korrigiert diese. Die meisten Kinder, die Melatonin einnehmen, spüren keinerlei Nebenwirkungen, abgesehen von sofortiger Müdigkeit, weswegen es eine der sichereren Herangehensweisen bei Schlafstörungen ist, die mit einer Autismus-Spektrum-Störung zusammenhängen.
Ist Melatonin für Kinder ungefährlich?
Viele Eltern haben Bedenken, ihren Kindern Ergänzungsmittel oder Medikamente zu verabreichen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Kind autistisch oder neurotypisch ist. Forschungen deuten darauf hin, dass niedrige Melatonindosen für Kinder unbedenklich sind. Nur wenige Kinder verspüren Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen und Tagesmüdigkeit. Außerdem kann die Einnahme einer Melatoninergänzung die Wirkung bestimmter Medikamente, z.B. Diabetesmedikamente, beeinträchtigen.
Dennoch sind Schlafstörungen unter Autisten in vielerlei Hinsicht ein besonderer Fall. In erster Linie produzieren die Betroffenen nicht genug Melatonin, weswegen eine Ergänzung die einzige Lösung sein kann, um eine Nacht durchzuschlafen. Auch wenn es geringfügige Risiken gibt, die mit Ergänzungsmitteln in Zusammenhang stehen, sind diese seltener und weniger schwerwiegend als jene, die mit Schlafmangel korrelieren. Viele Mediziner befürworten Melatonin bei Kindern in Kombination mit einer guten Schlafhygiene und Verhaltenstherapien, falls nötig. Es ist wichtig, dass Eltern, die darüber nachdenken, ihrem Nachwuchs eine Ergänzung zu geben, vorher mit dem behandelnden Arzt sprechen. Schließlich ist die Situation eines jeden Kindes äußerst individuell. Dies sollte man im Hinterkopf behalten, bevor man irgendwelche Änderungen vornimmt.
Autismus ist nicht die einzige Krankheit, die mit Schlafstörungen assoziiert wurde. Zahlreiche Menschen in der modernen Welt haben damit zu kämpfen, ausreichend Schlaf zu bekommen, was an bestimmten Krankheiten oder am individuellen Lebensstil liegen kann. Vielen Betroffenen kann eine Melatoninergänzung helfen, jenen erholsamen Schlaf zu finden, den sie brauchen sowie dabei, von den anderen positiven Auswirkungen eines geregelten circadianen Rhythmus zu profitieren.