Wissenschaftler der Johns Hopkins University School of Medicine und der National Institutes of Health haben ein Protein im visuellen System von Mäusen identifiziert, das für die Stabilisierung der circadianen Rhythmen des Körpers entscheidend zu sein scheint, indem es die Reaktion des Gehirns auf Licht puffert. Die Entdeckung, die in der Zeitschrift PLoS Biology veröffentlicht wurde, könnte dazu beitragen, Schlafstörungen und Jetlag besser behandeln zu können. Die Studie wurde von Kolodkin Dr. Alex Kolodkin, Professor am Johns Hopkins Department of Neuroscience gemeinsam mit Dr. Samer Hattar, dem Leiter der Abteilung für Licht und zirkadiane Rhythmen am National Institute of Mental Health angeführt.
Störungen des circadianen Rhythmus können zu Krankeiten führen
Wissenschaftler wissen seit langem, dass die meisten Lebewesen eine circadiane Uhr haben, eine Reihe biologischer Rhythmen, die in einem 24-Stunden-Zyklus ablaufen und unter anderem Wachheit, Schläfrigkeit, Appetit und Körpertemperatur beeinflussen. Eine Störung dieses Systems – beispielsweise durch Schichtarbeit oder Fernreisen über mehrere Zeit- und Lichtzonen beim Menschen – kann schwerwiegende Folgen haben. Frühere Studien bringen anhaltende Störungen des circadianen Rhythmus mit einem erhöhten Risiko für Krebs, Depressionen und eine Reihe anderer medizinischer Probleme in Verbindung. Das circadiane System wird im Wesentlichen durch Lichteinwirkung „trainiert“. Obwohl die Forscher in den letzten Jahrzehnten erhebliche Fortschritte bei der Beschreibung der Mechanismen gemacht haben, die für circadiane Rhythmen verantwortlich sind, ist nach wie vor unklar, wie das Gehirn darauf eingestellt wird.
Um mehr zu erfahren, durchsuchten die Wissenschafler eine Datenbank nach biologischen Molekülen, die während der Entwicklung im Kontrollzentrum des Mäusegehirns für circadiane Rhythmen vorhanden sind – dem suprachiasmatischen Nukleus (SCN). Der SCN befindet sich tief im Hypothalamus, sowohl des Mäuse- als auch des Menschengehirns, und liegt in der Nähe von Bereichen, die das Sehvermögen steuern, und stellt Verbindungen zu Gehirnzellen her, die zur Netzhaut, dem lichtempfindlichen Teil des Auges, führen.
Wie ein bestimmtes Protein stabile circadiane Rhythmen aufrechterhält
Das Forscherteam war schnell auf ein Zelloberflächenprotein namens Teneurin-3 (Tenm3) gestoßen, das zu einer größeren Familie von Proteinen gehört, die eine Schlüsselrolle beim Aufbau der Schaltkreise des visuellen Systems und allgemeiner in anderen Schaltkreisen des zentralen Nervensystems spielen. Als die Forscher Mäuse genetisch veränderten, um die Tenm3-Produktion zu verhindern, entwickelten die Tiere im Vergleich zu Tieren mit intaktem Tenm3 weniger Verbindungen zwischen der Netzhaut und dem SCN. Jene Mäuse, denen Tenm3 fehlte, entwickelten jedoch weitaus mehr Verbindungen zwischen Zellen im Kern und in der Hülle des SCN, wo Tenm3 in der Regel lokalisiert ist.
Um herauszufinden, inwieweit Tenm3 den circadianen Rhythmus stabilisiert oder ihn durch ein winziges bisschen Licht stört, entwickelten die Wissenschaftler eine Reihe von Experimenten. Zunächst trainierten sie Mäuse, denen Tenm3 fehlte, auf einen 12-stündigen Hell-Dunkel-Zyklus, und verschoben dann die Dunkelperiode um sechs Stunden nach vorne. Mäuse mit intaktem Tenm3 brauchten etwa vier Tage, um ihren circadianen Rhythmus an die Verschiebung anzupassen, was anhand von Aktivitätsmustern gemessen wurde, die auf normale Schlafzyklen schließen lassen. Die Tiere ohne Tenm3 hingegen passten sich viel schneller an, nämlich in etwa der Hälfte der Zeit.
Als die Forscher ein ähnliches Experiment durchführten, bei dem das Licht doppelt so schwach war wie bei dem früheren Test, brauchten die Mäuse mit Tenm3 etwa acht Tage, um ihren circadianen Zyklus anzupassen, die Mäuse ohne Tenm3 dagegen nur etwa vier Tage. Schon ein 15-minütiger Impuls mit schwachem Licht löste bei den Mäusen ohne Tenm3 – nicht aber bei den Mäusen mit normalem Tenm3-Protein – die Produktion eines chemischen Stoffes im Gehirn aus, der als Indikator für die Lichtexposition dient, was auf eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Lichtreizen hindeutet, die für das Einstellen oder Zurücksetzen der circadianen Uhr erforderlich sind.
Diese Ergebnisse deuten nach Ansicht der Autoren darauf hin, dass Tenm3 dazu beiträgt, das Gehirn so zu verdrahten, dass es stabile zirkadiane Rhythmen aufrechterhält, selbst wenn die Lichtexposition variabel ist. Wenn sich die circadianen Rhythmen an jede schnelle Veränderung der Lichtverhältnisse anpassen würden, z. B. an eine Sonnenfinsternis oder einen sehr dunklen und regnerischen Tag, wären sie nicht sehr effektiv bei der Regulierung periodischer Verhaltensweisen wie Schlaf und Hunger. Das von den Experten identifizierte Protein hilft dabei, das Gehirn während der neuronalen Entwicklung so zu verdrahten, dass es von Tag zu Tag stabil auf die Herausforderungen des circadianen Rhythmus reagieren kann.Wenn die Forscher mehr über dieses System und die Rolle von Tenm3 erfahren, können sie möglicherweise Störungen diagnostizieren und behandeln, die bei Menschen zu Schlaflosigkeit und anderen Schlafstörungen führen, oder möglicherweise Behandlungen gegen Jetlag entwickeln.