Eine aktuelle Studie zeigt, dass synchronisierte Spannungsrhythmen der Schlüssel zur Koordinierung unserer inneren Uhr sein könnte. Dadurch ergeben sich möglicherweise neue Behandlungsoptionen bei circadianen Störungen.
Wie das Gehirn im Inneren funktioniert, ist zurzeit eines der angesagtesten Forschungsgebiete. Obwohl wir viel über die Struktur und die Aufgaben dieses Organs wissen, handelt es sich um eine schwierigere Aufgabe, die zugrundeliegenden Zellmechanismen herauszufinden. Eine neue Untersuchung des suprachiasmatischen Nukleus des Hypothalamus lässt darauf schließen, dass synchronisierte Spannungsrhythmen einen wichtigen Teil der Funktionsweise dieses Organs darstellen. Könnte die Steuerung dieser elektrischen Aktivität eine zukünftige Behandlungsmethode für circadiane Störungen bedeuten?
Was ist der suprachiasmatische Nukleus?
Der suprachiasmatische Nukleus ist weitgehend als Lenker unseres angeborenen circadianen Rhythmus bekannt. Er synchronisiert unsere inneren Rhythmen mit denen der Umwelt. Dieser Bereich des Hypothalamus, der auch als SCN bezeichnet wird, liegt tief im Inneren des Gehirns. Forscher wissen seit langem, dass der SCN von den Netzhäuten unserer Augen Nachrichten über das Licht erhält und Signale von anderen Systemen koordiniert. Vom SCN aus werden Nachrichten an die Zirbeldrüse weitergeleitet, wo Melatonin hergestellt und gelagert wird. Als Reaktion auf die Signale des SCN, schüttet die Zirbeldrüse Melatonin aus, was wiederum die Mehrheit der Zellaktivität lenkt, die mit unserem circadianen Rhythmus zusammenhängt.
Obwohl wir eine Menge über dieses komplexe System wissen, bleibt Vieles noch unbekannt. Wir wissen vor allem nur wenig darüber, wie die Umweltinformation auf ein kohärentes Signal abgestimmt ist. Allerdings wirft eine neue Studie im Bereich der Chronobiologie Licht auf dieses Thema, indem sie zeigt, dass synchronisierte Spannungshythmen in den Zellen des SCN einen wichtigen Teil dieses Puzzles darstellen könnten.
Synchronisierte Spannungsrhythmen und der circadiane Rhythmus
Unsere Gehirnaktivität wird zum Teil durch Elektrizität geregelt, die Neuronen durchläuft. Dies funktioniert ähnlich wie ein Draht in einer Maschine. Jedoch könnte diese elektrische Aktivität komplexer sein als wir bislang angenommen hatten. Wie die meisten Neuronen, besitzen die Neuronen des SCN eine Spannung, die von der Anhäufung und Freisetzung von Ionengradienten, in diesem Fall Kalzium, geregelt wird. Die Forscher beschlossen, die Spannung in diesen Neuronen über den Tag hinweg mit einem speziellen Spannungssensor zu messen, der in die DNS von Mäusegehirnen kodiert wurde.
Während jede Zelle ihren eigenen oszillierenden Rhythmus besaß, waren die additiven Auswirkungen auf die Zellen signifikant genug, um ein Muster zu bilden, das unsere inneren Uhren lenkt. Noch überraschender war, dass die Zellen im SCN unabhängig von den Kalziumwerten zu oszillieren schienen. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese Zellen einen schwankenden Mechanismus besitzen, der als synchronisierter Spannungsrhythmus bekannt ist. Das bedeutet, dass Zellen mit anderen Zellen dieser Region kommunizieren, um ihre Spannungsschwankungen zu koordinieren, was wiederum zu Veränderungen der SCN-Aktivität führt.
Was bedeutet das für die Behandlung von Schlafstörungen?
Auch wenn dies nach unglaublich komplexer Wissenschaft klingen mag, gibt es praktische Anwendungen, die noch schwerer zu erklären sind. Zunächst hängt die elektrische Aktivität im SCN nicht komplett von Kalziumkanälen ab. Schlafstörungen mit Medikamenten zu behandeln, die auf die Aktivität dieser Kalziumkanäle abzielen, wäre wahrscheinlich wenig erfolgversprechend. Die Spannungsrhythmen scheinen von der Kalziumfluktuation komplett unabhängig zu sein.
Zudem scheinen Neuronencluster im SCN als regionale Gruppen zu agieren. Schlafstörungen könnten auf die Aktivität einer sehr kleinen Anzahl von Neuronen zurückzuführen sein, anstatt auf den gesamten SCN. Örtliche Behandlungen könnten daher effekter sein als jene, die auf den ganzen Körper oder das komplette Gehirn abzielen. Das ist insofern wichtig, da Medikamente, die derzeit bei Schlafstörungen verschrieben werden, oft ineffektiv sind und viele Nebenwirkungen haben, da sie auf eine Vielzahl von Systemen im gesamten Körper wirken.
Wie können wir dieses Wissen nun nutzen, um Schlafstörungen im täglichen Leben effektiver zu behandeln? Diese Frage bleibt unbeantwortet — fürs Erste. Mehr davon zu verstehen, wie unser circadianer Rhythmus auf Zellebene aufrechterhalten wird, bietet Hoffnung für zukünftige Behandlungsmethoden. In der Zwischenzeit bleiben pharmazeutische Möglichkeiten jedoch beschränkt. Ärzte und Wissenschaftler empfehlen weiterhin Anpassungen der Lebensgewohnheiten und Nahrungsergänzungsmittel wie Melatonin, um unsere inneren Uhren richtig zu stellen.