Ein bedeutender Durchbruch im Verständnis des Schlafmechanismus eröffnet neue Möglichkeiten für die Behandlung von Schlafstörungen, und damit verbundenen neuropsychiatrischen Erkrankungen: Wissenschaftler haben den Melatoninrezeptor MT1 als entscheidenden Regulator des REM-Schlafs (Rapid Eye Movement) identifiziert.
Die Bedeutung des REM-Schlafs
REM-Schlaf ist für das Träumen, die Gedächtniskonsolidierung und die emotionale Regulation sehr wichtig. Im Gehirn beeinflusst der Melatonin-MT1-Rezeptor eine Art von Neuronen, die den Neurotransmitter und das Hormon Noradrenalin synthetisieren, das in einem Bereich vorkommt, der als Locus Coeruleus oder „blauer Fleck“ in Latein bekannt ist. Während des REM-Schlafs beruhigen sich diese Neuronen und stellen ihre Aktivität ein. Schwere Erkrankungen wie die Parkinson-Krankheit und die Lewy-Körperchen-Demenz, für die es derzeit keine wirksamen Behandlungsmöglichkeiten gibt, stehen im Zusammenhang mit Störungen des REM-Schlafs.
Diese Entdeckung erweitert laut Gabriella Gobbi, leitende Forscherin einer neuen Studie, die im Journal of Neuroscience veröffentlicht wurden, nicht nur unser Verständnis von Schlafmechanismen, sondern birgt auch ein erhebliches klinisches Potenzial. Sie ist Professorin für Psychiatrie an der McGill University, Klinikerin und Wissenschaftlerin am Forschungsinstitut des McGill University Health Centre und Inhaberin des Canada Research Chair in Therapeutics for Mental Health.
Medikament, das auf den REM-Schlaf abzielt
Der menschliche Schlaf verläuft in einer präzisen Abfolge von Non-REM- und REM-Phasen, die jeweils unterschiedliche physiologische Funktionen erfüllen. REM-Schlaf spielt eine entscheidende Rolle bei der Gedächtniskonsolidierung und der emotionalen Regulation. Non-REM-Schlaf unterstützt die körperliche Erholung und Reparaturprozesse. Störungen in diesem Zyklus können die kognitive Funktion beeinträchtigen und die Anfälligkeit für neuropsychiatrische Erkrankungen erhöhen. Bisher war der spezifische Rezeptor, der den REM-Schlaf auslöst, den Wissenschaftlern entgangen. In der neuen Studie wurde der Melatonin-MT1-Rezeptor als wichtiger Regulator dieser Schlafphase identifiziert. Mit einem neuartigen Medikament, das auf MT1-Rezeptoren abzielt, konnten die Forscher die REM-Schlafdauer bei Versuchstieren erfolgreich verlängern, und gleichzeitig die neuronale Aktivität reduzieren.
„Derzeit gibt es keine Medikamente, die speziell auf den REM-Schlaf abzielen. Die meisten auf dem Markt erhältlichen Schlafmittel verlängern zwar die Gesamtschlafdauer, beeinträchtigen aber tendenziell den REM-Schlaf“, so Dr. Stefano Comai, Co-Senior-Autor der Studie und Professor an der Universität Padua sowie außerordentlicher Professor an der McGill University. Weitere Forschungen zur Neurobiologie und Pharmakologie des REM-Schlafs sind laut den Forschern von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung gezielter Behandlungsmethoden, die die Lebensqualität von Patienten, die von diesen schweren Krankheiten betroffen sind, verbessern könnten. Während Wissenschaftler die Komplexität der Schlafregulation weiter erforschen, wächst die Hoffnung auf wirksame Maßnahmen bei neurologischen Störungen zunehmend.